Sacropop, überbordende Freude und Gebete für Syrien

Krakau · Wolkenbrüche und Sommerhitze: Wechselhaft wie das Wetter hat sich der 31. Weltjugendtag in Krakau präsentiert. Auf Musikteppiche von Sacropop folgt die leise Klage von Papst Franziskus über die wachsende weltweite Gewalt.

 Der Papst löst einen Sturm der Begeisterung aus: Zum Auftakt der Vigilfeier mit Hundertttausenden jungen Katholiken auf dem Campus misericordiae, dem Feld der Barmherzigkeit, in Brzegi bei Krakau geht Franziskus durch eine heilige Pforte aus Holz, die für den Weltjugendtag errichtet wurde. Fotos (7): dpa

Der Papst löst einen Sturm der Begeisterung aus: Zum Auftakt der Vigilfeier mit Hundertttausenden jungen Katholiken auf dem Campus misericordiae, dem Feld der Barmherzigkeit, in Brzegi bei Krakau geht Franziskus durch eine heilige Pforte aus Holz, die für den Weltjugendtag errichtet wurde. Fotos (7): dpa

Foto: Cristian Gennari (KNA)

Krakau. Es hätte der Weltjugendtag des Terrors werden können. Der Mord an einem Priester in Frankreich warf einen Schatten auf das katholische Glaubensfest mit Papst Franziskus, bevor es in Krakau richtig begonnen hatte. Der Schock der Tat, so groß er anfangs auch war, drückte dem Treffen dann doch nicht den Stempel auf.
Es wurde ein Festival der Superlative für Hunderttausende aus über 180 Ländern. An der Abschlussmesse mit Papst Franziskus in der Nähe der südpolnischen Metropole nahmen nach Vatikanangaben über 1,5 Millionen Menschen teil. Ungezählte Bühnen boten Gospels oder Chansons, auch die Gäste aus aller Welt trugen mit überbordender Freude zur Hochstimmung bei. Polnische Gastfreundlichkeit tat ein übriges. "Mega", versucht Jonas Lixenfeld (19) aus dem Bistum Rottenburg-Stuttgart seine Eindrücke auf den Punkt zu bringen und kapituliert dann doch: "Ich kann gar nicht beschreiben, wie gut es mir hier geht." Zugleich blieb die weltweit wachsende Gewalt als Thema immer präsent. Sie war ein ernster Gegenpol in den Gottesdiensten und anderen Begegnungen mit dem Papst. Mehrfach erinnerte Franziskus daran, auch nach seinem bewusst stillen Besuch in Auschwitz. In einer frei gehaltenen abendlichen Ansprache an einem Fenster des erzbischöflichen Palais schlug Franziskus einen Bogen von der nationalsozialistischen Vernichtungsstätte zur Folter in überfüllten Gefängnissen von heute.
Mancher mag von ihm noch klarere Worte an die polnische Regierung erwartet haben, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Doch der Papst setzte vor allem auf die Überzeugungskraft der Worte, die er an die Vertreter der Kirche in Polen und vor allem an die Jugendlichen richtete. Mehrfach nannte Franziskus in Fürbitten und Predigten die Leiden in Syrien. In der Abendandacht am Samstag schilderte eine junge Frau die katastrophale Lage ihres Heimatlandes eindringlich.
Solche Mahnungen standen mitunter in irritierendem Kontrast zu den mediengerecht durchgestylten tänzerischen und musikalischen Einlagen der Gottesdienste. Sacropop in sinfonischer Begleitung und aufwendige Inszenierungen hielten den Heiligen Vater aber nicht davon ab, seine Botschaft von der Barmherzigkeit Gottes - das Hauptthema des Weltjugendtages - immer wieder einzubringen. Seine leise, manchmal zögerliche Weise zu sprechen, machte ihn noch authentischer. Er fand den richtigen Ton bei seinen Zuhörern, die ihm einmal mehr wie einem Superstar zujubelten. Spontane Entscheidungen, etwa - zum Schrecken der Security - Jugendliche ein Stück weit im Papamobil mitzunehmen, trugen dazu bei.
"Ich hatte den Eindruck, der Papst spricht ganz persönlich zu mir", sagt Magdalena Hartmann (19), ebenfalls aus Rottenburg-Stuttgart, auch wenn es mit der Übersetzung über Radio und Internet nicht immer klappte. Immerhin war der Heilige Vater auch am Ort des Geschehens auf Riesenbildschirmen gut zu erkennen. Das findet auch Susanne Betz (22) aus der Nähe von Mainz, die nach der Abendandacht am Samstag unter freiem Himmel auf dem Feld der Barmherzigkeit übernachtet und an der Abschlussmesse teilgenommen hat. "Es ist so multikulturell, jeder spricht die Gebete in seiner Sprache", sagt sie.
Weltjugendtag waren jedoch nicht nur die Papst-Events und die Straßenfeten. In morgendlichen Glaubensgesprächen standen Hunderte Bischöfe den Gruppen aus ihren Heimatländern Rede und Antwort. In den deutschsprachigen Katechesen kamen auch "heiße Eisen" wie der Umgang der Kirche mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und ein Zugang von Frauen zum Priesteramt zur Sprache. Dennoch schmorten die rund 16 000 Teilnehmer aus Deutschland nicht im eigenen Saft. Vielleicht ermutigt von der regen Praxis der Gleichaltrigen aus den anderen Ländern, nahm auch mancher Deutsche das Angebot zur Beichte an, die in seiner Heimat ein Schattendasein führt. So kam es auch in dieser Hinsicht zu einem "intensiven Austausch zwischen den Kulturen", wie ihn sich Jugendbischof Karl-Heinz Wiesemann gewünscht hatte.

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