Die Generation 2.0 beginnt schon mit vier Jahren

Eltern, die mit Sorge beobachten, dass ihr Sprössling schon im Grundschulalter stundenlang am Computer sitzt, können sich beruhigen: Sie sind nicht allein. 71 Prozent aller Sieben- bis Zehnjährigen nutzen das Internet, sofern es zu Hause einen Computer gibt. Das ergab eine Befragung des Branchenverbandes Bitcom.

Berlin. Familienministerin Ursula von der Leyen riet den Eltern gestern dringend, sich mit den Internet-Gewohnheiten ihres Nachwuchses zu beschäftigen.

Laut der Studie haben sogar schon 21 Prozent der Vier- bis Sechsjährigen Internet-Erfahrung. Ab elf Jahren schnellt die Nutzung auf 93 Prozent hoch und erreicht bei den Jugendlichen ab 15 Jahren satte 99 Prozent. Also praktisch alle.

Während die Erwachsenen meist Web 1.0-Nutzer sind, sich also passiv Informationen aus dem Netz holen und interaktiv allenfalls dort Bankgeschäfte oder Flugbuchungen tätigen, ist die aktuelle Kindergeneration gleich ins Web 2.0 gesprungen. 90 Prozent nutzen Kommunikationsplattformen wie StudiVZ oder Facebook, 56 Prozent stellen eigene Bilder ins Netz, 49 Prozent haben ein eigenes Profil und noch 27 Prozent beteiligen sich an Diskussionsforen. Für die Kinder, so Bitcom-Präsident August-Wilhelm Scheer, ist das Internet ein Teil ihrer sozialen Umwelt geworden, die Ergänzung zum Spielplatz an der Ecke.

Oft aber auch dessen Ersatz: Rund 100 Netzfreunde hat jeder im Durchschnitt, weit mehr als im realen Leben. Im Internet findet all das statt, was auf dem Schulhof auch stattfindet: Selbstdarstellung, Freundschaftsbekundungen, Mobbing. Allerdings mitunter rabiater und gefährlicher.

"Niemand würde sein Kind allein durch den Großstadt-Dschungel laufen lassen", sagte von der Leyen bei der Präsentation der Studie in Berlin und bezog sich damit auf die Tatsache, dass 40 Prozent der Eltern sich entweder mit dem Phänomen überfordert fühlen oder sich schlichtweg nicht für diese Freizeitaktivität ihrer Kinder interessieren. Die Mehrheit der Erziehungsberechtigten immerhin beschäftigt sich mit dem Problem und leitet den eigenen Nachwuchs an. Und sei es nur, indem sie eine Zeitbegrenzung vornimmt. Das ist für die Ministerin auch eine der wichtigsten Maßnahmen, die Eltern ergreifen können. An vielen PC lasse sich ein Zeitlimit einstellen.

Zudem warb die Ministerin für kindgerechte Internetangebote wie FragFinn.de und für Software gegen jugendgefährdende Inhalte, die gratis heruntergeladen werden können. Damit der Nachwuchs den Umgang mit dem Internet besser üben kann, empfahl von der Leyen allen Grundschulen in Deutschland, Intranet-Angebote einzurichten als erste, geschützte Kommunikationsplattform für die eigenen Schüler.

Unter dem Strich sieht die Ministerin die Chat-Aktivitäten der Kleinen nicht negativ. "Man darf das Thema nicht verteufeln, man muss es begleiten." Dazu gehöre, dass Eltern mit ihren Kindern über die Gefahren sprächen, etwa über das Einschleichen Erwachsener in Netzwerke, über Missbrauch privater Bilder und auch über die Strafbarkeit des illegalen Herunterladens von Musik.

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