Populismus pur

Die neuerliche Diskussion um die Pendlerpauschale zeigt, wie ernst es der Politik mit ihren Spar-Appellen und Konsolidierungs-Beschwörungen tatsächlich ist.

Kaum ergeben sich minimalste Spielräume, dann wird das Füllhorn der Wohltaten wieder ausgepackt. Je populistischer, desto besser.Die allumfassende Pendlerpauschale ist ein Relikt aus Zeiten, da die Gemeinschaft der Steuerzahler einer verarmten Landbevölkerung, die ohnehin unter miserablen Bedingungen leben musste, beim Tragen der Kosten für den unvermeidlichen, langen Weg zur Arbeit in die nächste größere Stadt helfen wollte. Jeder Versuch, daran später etwas zu ändern, scheiterte an der Lobby der Vertreter des ländlichen Raums.

Nur haben sich die Verhältnisse längst geändert. Wer außerhalb der Peripherie wohnt, tut das in der Regel aufgrund eigener Entscheidung. Er will mehr Ruhe, eine bessere Luft und wesentlich billiger bauen. Ein Freund von mir, der aus beruflichen Gründen in Frankfurt leben muss, hat für seine Familie eine bescheidene Eigentumswohnung gekauft, für deren Preis er in Nimshuscheid hätte einen mittleren Palast bauen können. Kein Mensch käme auf die Idee, zu verlangen, dass ihm der Steuerzahler die Kosten-Differenz zwischen Rhein-Main und Eifel ersetzt. So wenig, wie ein Briefträger in München verlangen kann, dass die Solidargemeinschaft dafür aufkommt, dass seine Lebenshaltungskosten um 30 Prozent höher liegen als die seines Kollegen in Reinsfeld.

Die Große Koalition hat zu Jahresbeginn folgerichtig beschlossen, dass die Steuer-Ersparnis via Pendler-Pauschale nur noch denen zugute kommen soll, die tatsächlich besondere Härten für ihren Arbeitsplatz in Kauf nehmen müssen. Wer in "normaler" Entfernung zu seiner Arbeitsstelle fährt, ist dafür alleine zuständig. Eine - auch ökologisch unsinnige - Prämie dafür, dass man außerhalb der Stadt wohnt, gibt es nicht mehr. Ruiniert hat das niemanden. Warum das nach zehn Monaten plötzlich nicht mehr richtig sein soll, erschließt sich wohl nur Politiker-Köpfen.

Doch die Angst, eine ungünstige Verfassungsgerichts-Entscheidung könnte den nächsten Wahlkampf verhageln, wird es schon richten. Und die Wähler nehmen's gern, weil sie erst später merken, dass sie die Abgaben-Zeche an anderer Stelle ohnehin wieder zahlen müssen.

Es soll nur später keiner kommen und darüber lamentieren, wie schwer es sei, hierzulande Besitzstände anzugreifen.

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