Wenn der Kontrolleur zwei Mal klingelt

Gewerkschaften und Arbeitnehmer in Luxemburg sind auf der Palme. Seit 1. Oktober müssen Krankgeschriebene - auch Grenzgänger - mit Strafen rechnen, wenn sie bei Kontrollen nicht zu Hause sind.

Luxemburg. Die alleinerziehende Mutter ist ratlos: "Entweder kann ich mein schulpflichtiges Kind nicht zur Schule bringen oder aber ich laufe Gefahr, erwischt zu werden." Die Frau weiß nicht, wie sie sich verhalten soll, wenn sie krank ist. Die seit 1. Oktober verschärften Vorschriften bei Krankmeldungen bringen nicht nur sie auf die Palme. "Ich lebe allein und werde wohl während der ersten fünf Tage hungern müssen", schreibt eine in Luxemburg Beschäftigte in einem Internetforum. Arbeitgeber und Regierung wollen härter gegen Blaumacher vorgehen und treffen alle Krankgeschriebenen. Vor allem die Arbeitgeber sind für die härtere Gangart. Sie müssen, wie in Deutschland, die erste Zeit der Krankmeldung komplett bezahlen.

Die Reduzierung des Krankenstands ist seit längerem ein Thema in Luxemburg. Bereits vor zwei Jahren kündigte Premierminister Jean-Claude Juncker an, die Zahl der Kontrollärzte, die Krankgeschriebene unangekündigt zu Hause besuchen, zu erhöhen. Allerdings sei Luxemburg keine Nation der Blaumacher, betonte der damalige Arbeitsminister François Biltgen. Das luxemburgische Arbeitsrecht halte wirksame Instrumente bereit, um gegen Missbräuche aller Art vorzugehen, sagte der Politiker vor zwei Jahren. Biltgen kündigte aber an: "Falls sich 2010 herausstellen sollte, dass diese Instrumente nicht ausreichen, wird die Politik darauf reagieren."

Verschärft wurden nun vor allem die Strafen. Kamen krankgeschriebene Arbeitnehmer, die sich nicht an die vorher schon geltende fünftägige Ausgangssperre hielten, bislang mit einer Ermahnung der Gesundheitskasse davon, drohen nun Geldstrafen und Abmahnungen. Mit Kontrollen mussten kranke Beschäftigte immer schon rechnen. Dabei wird nicht nur kontrolliert, ob der Betreffende zu Hause ist, sondern auch, ob er die verschriebenen Medikamente nimmt. Bis zu 500 Mal pro Monat klingelten die luxemburgischen Kontrollärzte bei Krankgeschriebenen, sagt Carlos Pereira vom Unabhängigen Gewerkschaftsbund OGBL. Statt dieser "sinnlosen Kontrollen" sollten Kranke von Ärzten auf ihren Gesundheitszustand untersucht werden. Doch die Chancen, dass die Neuregelung gekippt wird, stehen schlecht. Regierung und Arbeitnehmer haben diese mehrheitlich im Verwaltungsrat der CNS beschlossen. Unwahrscheinlich, dass sich eine der beiden Parteien auf die Seite der Gewerkschaften schlägt. Extra Krankmeldung: Deutschland: Ein kranker Arbeitnehmer muss alles tun, um so schnell wie möglich wieder gesund zu werden. Er muss aber nicht im Bett liegen, darf auch Spazierengehen oder kurz einkaufen gehen. Der Chef darf bei begründetem Verdacht die Krankenkasse informieren und ein Gutachten des Medizinischen Dienstes über den Gesundheitszustand des Beschäftigten verlangen. Regelmäßige Kontrollen von Krankgeschriebenen gibt es nicht. Luxemburg: kein Ausgang während den ersten fünf Tage der Arbeitsunfähigkeit. Ab dem sechsten Tag der Arbeitsunfähigkeit darf der Kranke nur zwischen zehn und zwölf Uhr sowie zwischen 14 und 18 Uhr aus dem Haus. Der Krankgeschriebene muss der Gesundheitskasse mitteilen, wo er sich während der Arbeitsunfähigkeit aufhält. (wie)

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