"Eines Tages ziehe ich wieder nach China"

Bitburg · 1000 Menschen aus 80 Nationen leben in Bitburg. Einer von ihnen ist Lucas Brück. Geboren in China, kam er mit einem halben Jahr nach Bitburg - seine Eltern hatten sich angesichts der Luftverschmutzung um seine Gesundheit gesorgt.

 Lucas Brück ist in China geboren worden. Von dort stammt seine Mutter; sein Vater ist ein echter Eifeler.TV-Foto: Sybille Schönhofen

Lucas Brück ist in China geboren worden. Von dort stammt seine Mutter; sein Vater ist ein echter Eifeler.TV-Foto: Sybille Schönhofen

Bitburg. "Der Dönerladen ist so voll, gehen wir für das Interview zum Asiaten", schlägt Lucas Brück vor und grinst. Gerade hat der Schüler am St.-Willibrord-Gymnasium in Bitburg Mittagspause. Und auch wenn er ein vietnamesisches Restaurant meint, ist der Treffpunkt passend: Vor 16 Jahren wurde Lucas in Jinan in China geboren. In der Hauptstadt der Shandong-Provinz leben sechs Millionen Menschen, darunter heute noch der mütterliche Teil seiner Familie.
Die sei früher recht hoch geachtet worden: "Meine Familie war zwar nicht reicher als andere - es herrschte eben Kommunismus. Aber vor allem mein Opa war eine bekannte Persönlichkeit". Als hoher Beamter unter Mao Zedong gehörte er zum Kreis der Berater des Bürgermeisters von Schanghai. Seine Frau hatte als Herzchirurgin in Russland studiert - auch dies eine Seltenheit in der abgeschotteten Volksrepublik.
Lucas\' Mutter hingegen studierte Chinesisch, Englisch und Japanisch, um als Übersetzerin zu arbeiten. So lernte sie auch ihren Mann kennen: Der gebürtige Kyllburger begegnete ihr, als er geschäftlich eine Zeit in Hongkong verbrachte. 1997, zwei Jahre nach ihrer Hochzeit, wurde Lucas geboren.
NEUE HEIMAT BITBURG


Aus Sorge vor allem um die Gesundheit des Jungen angesichts der drastisch steigenden Umwelt- und Luftverschmutzung in China beschloss die Familie, nach Deutschland zu ziehen. "Ich sollte halt nicht in einer Staubwolke aufwachsen", sagt Lucas und lacht.
Als Übersetzerin mit deutschem Ehemann gelang es Lucas\' Mutter, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erlangen, und seither lebt die Familie in Bitburg.
"Wir fahren aber jedes Jahr nach China, und ehrlich gesagt gefällt mir vieles besser dort. Wenn wir zum Beispiel mit der Familie essen gehen, werden die ganzen Traditionen beachtet". Etwa, dass der Älteste die Rechnung zahlt. Oder dass man seinem linken Nachbarn nachschenkt. Familie Brück versucht aber, die Kultur des gemeinsamen Essens auch in Deutschland zu bewahren.
Generell habe die Familie in China einen viel höheren Stellenwert, erzählt Lucas. So gab der Großvater ohne zu zögern seinen angesehenen Beamtenjob auf, um nach dem Tod seiner Mutter den Vater zu pflegen.
"Eines Tages ziehe ich auf jeden Fall mal nach China", sagt Lucas. Die Umweltprobleme würden in den deutschen Medien nur hochgespielt, sagt er. Die seien dort nicht gravierender als anderswo. Gut, Facebook und Youtube seien gesperrt, und weitaus schlimmer: "Meine Lieblingsbands sind da wegen ihrer kritischen Texte verboten", aber das sei nicht weiter tragisch. Dafür gebe es etwa viele Läden mit Fanartikeln der japanischen Fernsehserie "One Piece", erzählt er lachend.
Auch wenn Lucas nie Probleme mit Rassismus hatte, hat er dennoch manchmal ein Gefühl von Heimatlosigkeit. "In Deutschland bin ich der Chinese, und in China sagen die ,Ah, ein Deutscher‘ - richtig zu Hause bin ich in keinem der Länder". Oder eben in beiden. sys

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort