Erinnerung an den Ersten Weltkrieg

Prüm · Fast 100 Jahre liegt der Erste Weltkrieg mittlerweile zurück. Während die Zeitzeugen aussterben, erinnern nur noch manche Straßen und Plätze an die schrecklichen Ereignisse - oftmals, ohne dass es den meisten bewusst ist - wie bei der Langemarckstraße in Prüm.

Prüm. Rund 850 Meter lang ist die Prümer Langemarckstraße, sie verbindet die Stadtwald-Siedlung mit dem Tiergartenplatz. Doch was hat es mit dem Namen auf sich? Langemark heißt ein Ort im belgischen Flandern, zwischen Brügge und dem nordfranzösischen Lille.
In Deutschland steht der Name vor allem für eine verlustreiche Schlacht in den Anfangsmonaten des Ersten Weltkriegs. Die deutsche Kriegsstrategie, mit einem schnellen Angriff durch Belgien mit Zielrichtung Paris Frankreich zu besiegen, war an der Marne gescheitert. Was folgte, war der sogenannte Wettlauf zum Meer. Beide Heere wollten sich jeweils nördlich umgehen. Während dieses Wettlaufs entbrannte die erste Flandernschlacht (in den folgenden vier Jahren sollten vier weitere folgen), die mit der Erstarrung der Westfront im Stellungskrieg endete.
STADT geschichte (N)


Während dieser Schlacht wurden auf deutscher Seite vor allem Soldaten eingesetzt, die sich in der Begeisterung nach dem Kriegsausbruch freiwillig gemeldet hatten - darunter viele Oberschüler und Studenten. Ein Durchbruchsversuch am 10. November 1914 bei dem erwähnten Langemark kostete 2000 junge Männer das Leben - auch, weil sie unzureichend ausgebildet waren. Aus Propagandagründen ließ die Oberste Heeresleitung folgende Meldung veröffentlichen: "Westlich Langemarck brachen junge Regimenter unter dem Gesange ‚Deutschland, Deutschland über alles‘ gegen die erste Linie der feindlichen Stellungen vor und nahmen sie ein. 2000 Mann französischer Linieninfanterie wurden gefangengenommen und sechs Maschinengewehre erbeutet." Die Tatsache, dass der Versuch am Ende nach wenigen Kilometern Geländegewinn gescheitert war, verschwieg man geflissentlich. Man wählte bewusst den Namen "Langemarck", der an den deutschen Reichskanzler Bismarck erinnerte, auch wenn der eigentliche Ort rund sechs Kilometer nördlich lag. Umstritten ist die Tatsache, ob die Nationalhymne während des Angriffs gesungen worden ist.
Aus dieser Meldung entstand im Deutschen Reich ein Mythos um den angeblich patriotischen Opfergang der jungen Männer, den die Nationalsozialisten später aufgriffen und für sich zu nutzen wussten. In Erinnerung an die Schlacht wurden überall in Deutschland Straßen und Plätze benannt, von Bremen bis nach Freiburg finden sie sich noch heute. Die spätere Langemarckstraße in Prüm entstand ab 1934. Damals ließ der Nationalsozialistische Kriegsopferverband oberhalb der Steinkaulstraße Häuser für Kriegsversehrte bauen. Mit viel Pomp wurde die Siedlung in Langemarck-Siedlung benannt. Während nach dem Zweiten Weltkrieg die Adolf-Hitler-Straße und die Hindenburg-Straße wieder ihre alten Namen zurückerhielten, geriet die Umbennenung der Langemarcksiedlung in Vergessenheit. Stattdessen wurde der Name auf die gesamte Straße ausgedehnt. ch

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