Finanzielle Unstimmigkeiten in der Fließemer Gemeindekasse: Staatsanwaltschaft ermittelt

Fließem/Bitburg/Trier · Fehlt in der Gemeindekasse von Fließem (Eifelkreis Bitburg-Prüm) Geld oder wurde nur "schief gebucht"? Ratsmitglieder haben den Ortsbürgermeister Klaus Schnarrbach in einer der jüngsten Sitzungen des Gremiums zur Rede gestellt. Doch eine klare Antwort unter anderem darauf, warum das gut gebuchte Gemeindehaus kaum Geld einbringe, bleibt Schnarrbach schuldig. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Was man im Internet wie zum Beispiel auf der Homepage der Verbandsgemeinde Bitburger Land so alles findet: Im Sitzungskalender vom 31. Mai 2016 stößt man dort auf ein Sitzungsprotokoll des Ortsgemeinderates Fließem, das es in sich hat. Bei der Lektüre einiger Passagen dieses Wortprotokolls, das ein Teilnehmer der öffentlichen Ratssitzung verfasst hat, muss man sich als Freund der Lokalpolitik gut festhalten: "Kritisch nachgefragt wurde, warum die jährlichen Gebühreneinnahmen für das Gemeindehaus so gering sind. Das Gemeindehaus sei stark frequentiert mit Privat- und Vereinsfeiern, und anhand der bestehenden Gebührensatzung müssten erheblich höhere Beiträge eingehen", steht dort schwarz auf weiß.

Noch mehr starker Tobak: "Weiterhin wird der Haushaltsansatz für Telefonkosten in Höhe von 1000 Euro hinterfragt. Dieser Betrag sei mit der Aufwandsentschädigung des Ortsbürgermeisters abgedeckt." Ferner werfen die Gemeinderatsmitglieder dem Ortsbürgermeister mehrere Alleingänge wie zum Beispiel einen Grundstücksverkauf, der nicht durch Ratsbeschlüsse gedeckt sein soll, und noch weitere finanzielle Ungereimtheiten vor. Fragen über Fragen zum Haushalt und zu den Einnahmen der Gemeinde prasseln an diesem Maiabend im Fließemer Sitzungssaal auf Ortsbürgermeister Klaus Schnarrbach ein. Doch statt sie zu beantworten "gibt Schnarrbach den weiteren Vorsitz in der Sitzung an den ersten Beigeordneten, Hans Peter Schmitt, ab und verlässt nach kontroversen Diskussionen während der Sitzung den Sitzungssaal", heißt es im Protokoll.

Was ist los im Ortsgemeinderat Fließen? Das fragen sich auch viele Einwohner. Die Gerüchteküche brodelt nicht mehr nur. In Fließem kocht sie langsam über und riecht schon übel angebrannt.

Doch der Großteil der Ratsmitglieder hält sich bedeckt. Neben Ortsbürgermeister Schnarrbach sind nur zwei der zwölf Mitglieder bereit, zu dem Eklat im Rat und den mutmaßlichen finanziellen Unstimmigkeiten in der Gemeindekasse ein paar Worte zu sagen. Der Rest schweigt und will das auch so lange machen, bis die Staatsanwaltschaft Trier, welcher der Fall zur Klärung vorgelegt worden ist, ihre Ermittlungen abgeschlossen hat.

Der TV hat den 70-jährigen Ortsbürgermeister mit den Vorwürfen aus dem Rat und den mutmaßlichen finanziellen Unstimmigkeiten in der Gemeindekasse konfrontiert:

Das sagt der Ortsbürgermeister: "Ist mir bekannt", sagt Schnarrbach, "es gibt gewisse finanzielle Unstimmigkeiten. Es fehlt aber kein Geld. Es sind haushaltstechnische Angelegenheiten, die geklärt werden. Ich will da aber jetzt noch nichts Genaues zu sagen. Möglicherweise geht es um einige Dinge mit Bauland und andere Unstimmigkeiten." Da seien Verrechnungen schiefgelaufen, sagt der Ortschef, und "Beträge schief gebucht" worden. Um welche Summen es gehe, könne er nicht sagen. Schnarrbach räumt aber ein, dass die Haushaltszahlen für mehrere Jahre nicht stimmten.

Finanzielle Unstimmigkeiten: Als es auf der Ratssitzung um die finanziellen Unstimmigkeiten ging, sei die Stimmung vor allem beim Thema "Einnahmen aus der Vermietung des Gemeindehauses" gekippt, erzählt ein Ratsmitglied, das seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. "Wir haben ein Gemeindehaus, in dem relativ viele Veranstaltungen sind. Wir sind Fließemer und wissen, was im Gemeindehaus passiert. Auf der anderen Seite sieht man dann eine Abrechnung des Ortsbürgermeisters mit relativ geringen Einnahmen. Dazwischen ist die Differenz zu suchen." Es gebe aber auch noch weitere finanzielle Unregelmäßigkeiten und Unstimmigkeiten, sagt das Ratsmitglied, "die geklärt und aus dem Weg geräumt werden müssen". Doch man müsse Schnarrbach als einem verdienten Mann, der die Geschicke der Gemeinde über 30 Jahre geführt und viel Gutes erreicht habe, auch Zeit einräumen, sich zu diesen Vorwürfen zu äußern und sie eventuell aus der Welt zu schaffen. Nicht der erste Beigeordnete, sondern die zweite Beigeordnete, Anja Esch, ist auch bereit, gegenüber dem TV eine kurze Erklärung abzugeben. "Es gibt finanzielle Unstimmigkeiten, und es stehen Differenzen mit Schnarrbach im Raum", sagt Esch, "das streite ich nicht ab. Wie groß die Differenzen sind, wird die Staatsanwaltschaft herausfinden und bewerten. Was für den einen groß ist, ist für den anderen eine Lappalie."

Ermittlungen: Wie auch die Staatsanwaltschaft Trier gegenüber dem TV eingeräumt hat, laufen wegen der Diskrepanzen in der Fließemer Gemeindekasse derzeit Ermittlungen. Um den möglichen Erfolg der Polizeiarbeit jedoch nicht zu gefährden, verweigert die Behörde aktuell jede weitere Auskunft. Ebenso wie die Kreis- und auch Verbandsgemeindeverwaltung: Sie möchten sich wegen "schwebender Verfahren" derzeit nicht zu den mutmaßlichen Fehlbeträgen in der Fließemer Gemeindekasse äußern. Nach TV-Informationen soll es vonseiten der Verbandsgemeindeverwaltung jedoch bereits stichprobenartige Untersuchungen der Fließemer Haushaltszahlen gegeben haben, wobei sich der Verdacht auf finanzielle Unstimmigkeiten verdichtet haben soll.Meinung

Da hilft nur rasche AufklärungKlaus Schnarrbach ist einer der bekanntesten und beliebtesten Kommunalpolitiker in der Südeifel. Er engagiert sich an vielen Stellen seit Jahrzehnten. Umso mehr erschreckt und überrascht es, dass es ausgerechnet in dem Ort, in dem er schon lange die politische Hauptverantwortung trägt, über Jahre finanzielle Unregelmäßigkeiten gegeben haben soll. So unangenehm, traurig und unerfreulich es für alle Beteiligten auch sein mag: In solchen Fällen ist das Schmerzhafteste meist das Beste. Das heißt: Karten auf den Tisch. Ermittlungen unterstützen. Fehler, wenn es sie gab, zugeben und mit den Konsequenzen leben. Je länger die Gerüchte vor sich hin kochen, desto größer wird der Schaden in dieser Angelegenheit werden. l.ross@volksfreund.de

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