Inspiration durch den Giebel

DAUN-WALDKÖNIGEN. Walter Wilde ist ein poetischer Maler. Das erfährt, wer sich mit ihm über sein künstlerisches Arbeiten unterhält. Das erkennt, wer seine Bilder betrachtet. Am 28. April wird in der Dauner Niederlassung der Volksbank RheinAhrEifel eine Ausstellung mit dem programmatischen Titel "Poesie in Farbe" eröffnet.

"Warum lassen Sie denn so ein großes Loch im Giebel?" Walter Wilde erinnert sich mit seinem typischen Schmunzeln an die Frage eines Passanten während der Bauzeit seines Hauses im Kastanienweg in Waldkönigen. Inzwischen sind acht Jahre vergangen, und Walter Wilde hat sich längst daran gewöhnt, dass Spaziergänger zu dem Glasgiebel hochschauen, um einen Blick ins Atelier oder gar auf die Staffelei werfen zu können. Dass der Kunst schaffende Ehemann und Vater sein Atelier an dieser exklusiven Stelle einrichten sollte, war für Walter Wildes Familie keine Frage. "Ich liebe den Blick über die Dächer des Dorfs hinweg auf den Ernstberg", sagt der Maler. Dieser Blick sei Inspiration für sein ganzes Leben. "Es ist unglaublich schön zu beobachten, wie der Berg morgens früh im Nebel liegt und langsam auftaucht", schildert Wilde lebhaft und ermuntert jetzt am späten Nachmittag: "Sehen Sie mal, wie wunderbar seine Schatten sind." So viel zum Glasgiebel. An den Wänden findet sich eine Auswahl der Plakate, die auf Ausstellungen in Daun, Prüm, Mayen, Trier, Frankreich, Luxemburg und andernorts hinweisen; ihre Titel lauten: "Die Landschaft mit dem Herzen sehen", "Gefühlswelten", "Aquarellpoesie". An der den Fenstern der gegenüberliegenden Wand hängen Bilder aus allen Schaffenszeiten des 53-Jährigen, darunter eine Arbeit aus dem Zyklus zu Goethes Ballade "Der Erlkönig", den Wilde 1975 zum Abschluss des Studiums an der Kunstgrafischen Hochschule in Omsk/Sibirien vorgelegt hatte. Das Bild hat für den Maler gerade in diesen Tagen besondere Aktualität erhalten: Die Leiterin des Staatlichen Museums in Omsk teilte Walter Wilde mit, dass zwei Arbeiten aus diesem Zyklus in die Dauerausstellung des Museums übertragen wurden. In der Nachbarschaft der Erlkönig-Szene hängt eine Porträtzeichnung des Künstlers und Schriftstellers Günter Grass. Der Blick auf die Zeichnung ist für Walter Wilde Anlass zu zweierlei Exkurs: "Ich habe schon Hunderte von Porträts gezeichnet, Privatleute, Geschäftsleute und Politiker", sagt er. 45 Aquarelle sowie Öl- und Acrylbilder

Er zeichne leidenschaftlich gerne, eigentlich jeden Tag, manchmal nur zehn Minuten. Gleichzeitig ist der Name Grass für Wilde Anlass, um über seine eigenen lyrischen Bemühungen zu sprechen. Als junger Kunststudent habe er Gedichte geschrieben, und vor drei Jahren entstand ein Gedichtzyklus in russischer Sprache. "Einige davon habe ich in Bilder umgesetzt", berichtet er. Während der Blick durch Walter Wildes Atelier schweift, und die Einrichtungsgegenstände Impulse für das Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund geben, läuft Musik im Hintergrund: ein Orgelkonzert aus Himmerod. Auch Chopin, Vivaldi und Bach höre er gerne beim Malen. Zuweilen müsse es aber auch ganz still sein. "Meine Familie weiß und respektiert das und hält jede Störung von mir fern." Das Malen entlaste und entspanne ihn, sagt Wilde, der als Kunsttherapeut in den Westeifel- Werken Gerolstein tätig ist. Und was erwartet den Besucher der Ausstellung "Poesie in Farbe"? Summarisch gesehen 45 Aquarelle, Öl- und Acrylbilder zu unterschiedlichen Motiven und Themen. Aber natürlich ist es viel mehr: die Farben und die Stimmung des Frühlings, das Eifeldorf und die spanische Stadt, eine Pappelgruppe, eine sehr interessante Umsetzung des Themas Generationenwechsel ("Testament"), einen weißbärtigen Mann und eine "Frau nach dem Konzert". Die Ausstellung wird am Freitag, 28. April, um 19 Uhr eröffnet. Sie ist vom 2. bis 26. Mai in den Geschäftszeiten der Volksbank Daun, Abt-Richard-Straße 13, zu sehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort