Kreis kämpft gegen Ärztemangel

Bitburg · Junge angehende Mediziner zieht es laut einer Umfrage in die großen Städte. Auf lange Wege und ausufernde Arbeitszeiten haben sie keine Lust. Bis 2020 werden laut Landrat Joachim Streit 45 Prozent der Allgemeinmediziner im Eifelkreis in Rente gehen. Wer soll diese Stellen ersetzen? Kreis und Krankenhäuser versuchen es mit Studienförderung von Eifeler Jungmedizinern.

Bitburg. "Wer nichts wird, wird Wirt. Wer gar nichts wird, wird Landarzt?" Dieser Spruch war von Landrat Joachim Streit jüngst in der Sitzung des Kreistags zu hören.
Dem scheinbar schlechten Standort-Image will der Eifelkreis am liebsten den Garaus machen. Doch so einfach ist das nicht, wie eine Onlineumfrage unter Medizinstudenten der Universität Mainz aus dem Jahr 2009 zeigt. Die wurde von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz in Auftrag gegeben und bringt ernüchternde Ergebnisse von 761 befragten Studenten. Rund 74,5 Prozent können sich zwar vorstellen, eine Praxis zu eröffnen. Nur 30 Prozent können sich jedoch überhaupt vorstellen, Hausarzt zu werden. In die Städte zieht es die werdenden Mediziner. Nur sieben Prozent würden auch in Eifel oder Hunsrück praktizieren. Ein niederschmetterndes Ergebnis. Denn bis 2020 geht jeder vierte Arzt in Rheinland-Pfalz in den Ruhestand.Nachwuchswerbung betreiben


Im Eifelkreis werden bis dahin laut Helmut Berscheid von der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm 45 Prozent der Ärzte in Rente gehen. Das entspricht etwa 27 Medizinern. Alarm im Eifelkreis? Noch nicht. "Der Versorgungsgrad mit Hausärzten im Eifelkreis liegt derzeit bei 94 Prozent. Das ist gut", sagt Berscheid. Am geringsten sei die Versorgung in der Verbandsgemeinde Bitburg-Land mit 35,4 Prozent. Das liege jedoch daran, dass viele Orte so nah am Mittelzentrum Bitburg liegen, dass die Menschen dorthin fahren, um sich behandeln zu lassen. So liegt die Quote in Bitburg selbst mit 162,5 weit über der 100-Prozent-Marke. Fakt ist jedoch: Nicht nur die Ärzte werden älter und gehen durchschnittlich mit 62 Jahren in Rente. Dazu kommt das Problem, dass nicht genügend Ärzte nachkommen. Auch die Patienten werden durch höhere Lebenserwartungen älter und brauchen dann mehr Versorgung. Doch die ist eben nicht gewährleistet. Da kommt die Frage nach Lösungsansätzen auf. Man betreibe Nachwuchswerbung, gehe auf Berufsmessen und helfe jungen Ärzten, Praxisräume zu finden, sagt Berscheid. Dazu gebe es Förderprogramme des Landes, zum Beispiel als Zuschüsse für die Eröffnung einer Praxis. Doch Berscheid macht auch klar, dass die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in der Zuständigkeit der KV liege und nicht in Händen des Eifelkreises. Trotzdem setze man alles daran, gemeinsam Lösungen zu finden, schließlich mache ein flächendeckendes Ärzteangebot die Region attraktiver. "Die Region wird attraktiver werden müssen, schließlich muss die ärztliche Versorgung auf dem Land gesichert sein", findet der 26-jährige Medizinstudent aus Bettingen in der Eifel.
Der Humanmediziner wird von der Dr. Berg\'s und Zangerl\'s Stipendienstiftung aus Bitburg gefördert. "Deren Ziel ist es, Leute aus der Region für die Region zu fördern", sagt der Student, der seinen Namen nicht öffentlich machen möchte. Weil er aus der Eifel komme, habe er sich bei der Stiftung für ein Stipendium beworben und die Zusage erhalten. "Ich kann mich jetzt auf mein Studium konzentrieren, weil ich das Geld dafür nicht anders erwirtschaften muss." Der 26-Jährige hat in Bitburg Ausbildungen als Rettungsassistent und als Gesundheits- und Krankenpfleger am dortigen Krankenhaus absolviert. Er kann sich gut vorstellen, später einmal als Hausarzt in der Eifel zu arbeiten. Wie sich alles in viereinhalb Jahren entwickelt - dann beendet er sein Studium frühestens - kann er nicht sagen. Aber er weiß: "Ich komme aus der Eifel, bin mit meiner Heimat sehr verbunden und fühle mich wohl hier." Genau solche jungen Menschen braucht die Eifel. Deshalb versuchen auch die Marienhauskliniken, zu deren Verbund die Krankenhäuser in Bitburg, Gerolstein und Neuerburg gehören, jungen Ärzten den Standort schmackhaft zu machen (siehe drei Fragen an). Seit drei Jahren beschäftigt sich laut Berscheid auch eine Arbeitsgruppe mit dem Thema medizinische hausärztliche Versorgung und Demografiewandel. Sie soll Ideen sammeln und deren Umsetzbarkeit prüfen, wie dem zu erwartenden Mangel an Ärzten entgegengewirkt werden kann. Miteinander im Gespräch sind Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung, der Kommunen, der Ärzteschaft, der Krankenhäuser und Berater. Demnächst wird die Gruppe noch einmal tagen und ihre Ergebnisse vorstellen.Extra

Inwieweit sind die Eifelkliniken vom Ärztemangel betroffen? Im Moment gibt es drei offene Stellen in unterschiedlichen Bereichen. Diese sind aber auf natürliche Fluktuation und nicht auf einen Mangel an Ärzten zurückzuführen. Wie würden Sie die Bereitwilligkeit der Medizinstudenten, nach dem Studium im Eifelkreis zu praktizieren, beschreiben? Im Vergleich zu städtischen Kliniken ist der Standort Eifel nicht einfach. Damit ist auch die Besetzung der Stellen dort schwieriger. Die Mediziner erwarten im städtischen Raum mehr Lebensqualität. Was tun die Marienhauskliniken, um den ländlichen Standort attraktiv für junge Ärzte zu machen? Wir setzen gezielt Personalagenturen ein. Jedes Jahr veranstalten wir ein dreitägiges Kennenlern- und Werbeevent am Nürburgring, zu dem wir angehende Ärzte aus ganz Deutschland einladen. Es gibt ein Trainee-Programm speziell für ausländische Ärzte. Die Eifelkliniken unterstützen derzeit zwei Medizinstudenten mit Stipendien, die sich im fünfstelligen Bereich bewegen. Bei uns hat jeder Arzt ein persönliches Weiterbildungsbudget. MRA

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort