Eine Frage ohne Antwort

Fassungslos sind viele Menschen nach dem Amoklauf am Mittwoch im baden-württembergischen Winnenden. Eine Antwort auf die Frage nach dem "Warum" gibt es nicht. Schulleiter und Schulsozialarbeiter aus dem Kreis Trier-Saarburg erzählen, wie sie mit dem Thema umgehen.

Trier/Hermeskeil/Saarburg/Schweich. Entsetzt und fassungslos sind nicht nur Schüler und Eltern nach dem Amoklauf in Winnenden, der 16 Menschen das Leben gekostet hat. Auch Schulleiter und Schulsozialarbeiter reagieren mit Betroffenheit. Sie berichten, welche Konsequenzen sie daraus für ihre Schulen ziehen.

Karl-Heinz Feye, Schulleiter Stefan-Andres-Hauptschule, Schweich:

"Ich bin sehr betroffen. In meiner Verantwortung als Schulleiter mache ich mir Gedanken, wie die Risiken eines Amoklaufs vermindert werden können. Wenn die Schüler Gesprächsbedarf haben, geben wir ihnen Ansprechpartner wie einen Vertrauenslehrer oder die Schulsozialarbeiterin. Wichtig ist, dass wir einen Ort und eine Zeit des Gedenkens finden, um unser Mitgefühl und unsere Solidarität mit allen Beteiligten der Schule in Winnenden auszudrücken."

Jürgen Nisius, stellvertretender Schulleiter Stefan-Andres-Realschule, Schweich:

"Wir reagieren auf mehreren Ebenen: Es stellt sich die Frage nach der Prävention. Ein Krisenteam unserer Schule wird in den nächsten Tagen zusammentreffen. Bewusst ist mir, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt. Zurzeit finden Gesprächsrunden im Unterricht statt, damit die Schüler ihre Ängste und Sorgen aussprechen können. Die Schulgemeinschaft wird eine Gedenkminute abhalten."

Irina Galliath, Schulsozialarbeiterin am Schulzentrum Schweich:

"Ich habe heute die Lehrer über neueste Erkenntnisse zu Amokläufen informiert und darüber, was man tun kann. Auch Schülergespräche fanden statt. Dies ist der sechste Amoklauf seit 1999 in Deutschland, und die Täter haben ihre Taten angekündigt. Eine wichtige Aufgabe sehe ich darin, Kinder und Jugendliche darauf aufmerksam zu machen, dass sie es ernst nehmen, wenn eine Person derartiges ankündigt und dass sie sich jemandem, möglichst einem Erwachsenen, anvertrauen. Auch werden wir Ausgrenzungen noch mehr im Blick haben. Wichtig ist ebenso, "Schulversagern" ohne Abschluss Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen."

Karl-Heinz Wortmann, Schulleiter Gymnasium Hermeskeil:

"Für mich war das sehr erschütternd, und ich hoffe, dass wir von einem solchen Amoklauf nicht heimgesucht werden. Wir sind zwar einigermaßen vorbereitet, aber es sind einige Dinge in unserem Alarmplan noch zu erledigen. Wir haben einmal pro Monat Frau Müller-Bungert vom Schulpsychologischen Dienst hier im Hause, die mit Kollegen, Eltern und Schülern Gespräche führt in den Fällen, in denen es Probleme gibt."

Hans-Joachim Gärtner, Rektor Erich-Kästner-Realschule Hermeskeil:

"Ich denke schon, dass wir Einzelfälle nicht verhindern können. Ganz wichtig ist aber ein präventives Konzept. Die Problematik bei den Amokläufern besteht ja darin, dass sie zum Beispiel durch Leistungsversagen sozial isoliert sind. Teilweise ist Schülern diese Problematik bekannt, sie vertrauen sich den Lehrern aber nicht an. Wir müssen über das System Leistung hinaus ein System schaffen, bei dem die Schüler Vertrauen zu den Lehrern haben, zu den Lehrern hingehen und sich bei Problemen innerhalb der Schülerschaft aussprechen."

Ludwig Weyand, Schulleiter am Max-Planck-Gymnasium Trier:

"Der Amoklauf bedrückt alle. Die Schüler suchen nach Erklärungen und fragen sich, inwieweit sie selbst überhaupt jemals in eine solche Lage kommen könnten.

Insbesondere seit Erfurt sind wir natürlich alle sensibilisiert. Wir haben schon im Jahr 2007 mit der Polizei in Trier Absprachen getroffen, wie wir mit solchen Krisensituationen umgehen. Und wir sind präventiv tätig. Wenn wir glauben, dass ein Schüler Probleme hat, dann bekommt er von uns ein Betreuungsteam gestellt. Das kann zum Beispiel eine Stufenleiterin sein, ein Klassenlehrer und auch ein Verbindungslehrer. Und, wenn nötig, ist auch jemand vom schulpsychologischen Dienst dabei."

An der Realschule Saarburg lief der Schulbetrieb auf Nachfrage bei Rektor Georg Schmitt gestern wie gewöhnlich. Und das selbst vor dem Hintergrund, dass erst vor vier Wochen über anonyme Einträge im Internet vor einem angeblich geplanten Amoklauf eines 16-jährigen Realschülers gewarnt worden war (TV vom 13. Februar). Der Jugendliche hatte auf dem Weg zur Schule eine Gaspistole dabei, diese jedoch vor dem Gebäude an einen Kumpel abgegeben. Einen Amoklauf habe er zu keinem Zeitpunkt geplant gehabt, versicherte der Schüler mehrfach. Rektor Schmitt erklärte nach dem Amoklauf in Winnenden, es habe keine Reaktionen von Seiten der Schüler oder Eltern gegeben: "Mit dem Kollegium ist besprochen, dass wir den Amoklauf nur thematisieren, wenn die Schüler dies wünschen. Dabei richten wir uns nach den Empfehlungen, die von Psychologen seit dem Vorfall gegeben worden sind."

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