Nein zu Windkraft-Umfrage in allen 13 Orten

Hermeskeil · Reicht ein 1000-Meter Mindestabstand von Windrädern zu Wohnhäusern aus oder müssen sie weiter entfernt sein? Die Interessengemeinschaft (IG) "Rettet den Hochwald" fordert, dass nicht nur die Bürger der Stadt Hermeskeil diese Frage beantworten sollen, sondern diese Abstimmung auf die gesamte Verbandsgemeinde (VG) ausgeweitet wird. Das lehnen die im VG-Rat vertretenen Fraktionen aber geschlossen ab.

 Vorsicht: Vor einem Windrad in der Nähe von Lampaden warnt ein Schild vor der Gefahr von Eiswurf. Vorsicht ist aus Sicht vieler Kritiker auch geboten, wenn es um die Abstände der Anlagen zu Wohnhäusern geht. Diese Diskussion kocht zurzeit im Raum Hermeskeil hoch. TV-Foto: Axel Munsteiner

Vorsicht: Vor einem Windrad in der Nähe von Lampaden warnt ein Schild vor der Gefahr von Eiswurf. Vorsicht ist aus Sicht vieler Kritiker auch geboten, wenn es um die Abstände der Anlagen zu Wohnhäusern geht. Diese Diskussion kocht zurzeit im Raum Hermeskeil hoch. TV-Foto: Axel Munsteiner

Hermeskeil. Die Windkraft und dabei speziell die Diskussion um die Entfernung von Windrädern zu Wohnhäusern ist seit Wochen das umstrittenste Thema in Hermekeil und Umgebung.

Die Ausgangslage: Die IG "Rettet den Hochwald" um den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Karl Diller kritisiert die vom VG-Rat festgelegte 1000-Meter-Regel. Sie verlangt, dass wie in der VG Kell ein Mindestabstand von der zehnfachen Nabenhöhe eines Windrads eingehalten werden muss. Bei den gängigen Anlagen mit einer Nabenhöhe von 140 Metern würde das einer Distanz von 1400 Metern entsprechen. Um diese Streitfrage zu klären, hat der Hermeskeiler Stadtrat beschlossen, im Mai eine amtliche Einwohnerbefragung zu starten. Für die IG ist eine auf die Stadt beschränkte Bürgerumfrage zu kurz gegriffen. Sie fordert eine Ausweitung der Umfrage auf die ganze VG (siehe Extra).

Die Reaktion des VG-Chefs: Michael Hülpes (CDU) betont: "Ich sehe keinen Grund, warum jetzt auf Zuruf eine solche Umfrage gemacht werden soll und werde das dem VG-Rat von mir aus auch nicht empfehlen." Hülpes betont, dass es im Gremium seit drei Jahren eine "klare Linie" und einstimmig beschlossene Planungsgrundsätze gibt. Dazu gehört auch die 1000-Meter-Regel. "Das bedeutet aber doch nicht, dass genau in dieser Distanz die Räder im Spalier aufgestellt werden sollen", betont Hülpes. Im Übrigen müsse jede Anlage einzeln genehmigt werden, und es werde dann zum Beispiel die Frage nach möglicher Lärmbelästigung geprüft. Außerdem bestünde die Möglichkeit, dass jede einzelne Gemeinde ein eigenes Bebauungsplanverfahren einleitet und darin spezifische Kriterien, also auch größere Abstände, festlegen kann.

Die Haltung der Fraktionen: Bei allen vier Parteien im VG-Rat - und damit auch bei der SPD - findet der Vorstoß der Gruppe um Diller keine Gegenliebe. Hartmut Heck (CDU) sagt: "Ich bin nach wie vor der Meinung, dass 1000 Meter ausreichen. Im späteren Genehmigungsverfahren kann aber doch jede betroffene Kommune eine Einzelabwägung machen und für sich entscheiden, ob die Räder in einer weiteren Entfernung aufgestellt werden sollen."
Auch SPD-Fraktionschef Uwe Roßmann widerspricht seinem Parteigenossen Diller: "Ich halte den 1000-Meter-Abstand für vernünftig." Deshalb sehe er auch keinen Anlass, der Forderung der IG "hinterherzulaufen". Die SPD-Ortschefs aus Reinsfeld und Beu ren, Rainer Spies und Manfred Köhl, haben bereits öffentlich erklärt, dass sie gegen eine Ausweitung des Mindestabstandes sind. Paul Port von den "Bürgern für Bürger" (BFB) stellt sich demonstrativ hinter den bisher vom VG-Rat verfolgten Kurs: "Wir haben die bisherigen Beschlüsse mitgetragen und dabei bleiben wir auch."
Genauso sehen es Thomas Köhl und Josef Barthen von der FWG. Letzterer ist zudem Ortschef in Gusenburg. Er verweist darauf, dass seine Gemeinde erst dann in die Windkraftplanungen eingestiegen sei, als sich Ende 2010 über 80 Prozent der Gusenburger für den Ausbau der erneuerbaren Energien auf dem Gemeindegebiet ausgesprochen hatten. Aus Barthens Sicht wäre eine VG-weite Bürgerbefragung ein "Schnellschuss, bei dem man auch die Konsequenzen bedenken muss". Würden die Gemeinden nämlich als Ergebnis einer solchen Abstimmung neue Mindestabstände festlegen und dadurch Windkraftstandorte wegfallen, könnte das rechtliche Folgen haben. Denn alle windkraftwilligen Orte hätten ja bereits Verträge mit Investoren abgeschlossen, von deren Inhalten sie abweichen würden.Meinung

Problematische Forderung
Mehr Bürgerbeteiligung in der Politik ist sicher eine Sache, die sich gut anhört. Und im Kern ist das Argument der IG auch nachvollziehbar, dass bei größeren Windrädern auch eine größere Entfernung zu Wohnhäusern eingehalten werden sollte. Allerdings stößt der Ruf nach mehr Bürgerbeteiligung gerade bei einem so komplexen Thema wie der Windkraft an seine Grenzen. Denn ist es wirklich sinnvoll, wenn etwa als Konsequenz einer VG-weiten Umfrage die Bürger der Stadt Hermeskeil mit ihrem Votum der Nachbargemeinde Gusenburg Einnahmeverluste bescheren, weil dort nicht mehr so viele Windräder wie geplant gebaut werden können? Oder wenn die Bewohner aus Reinsfeld mit ihrer Entscheidung dazu beitragen würden, dass die Gemeinde Hinzert-Pölert vertragsrechtliche Probleme mit ihrem Windkraftinvestor bekommt? Die Antwort lautet: Nein. Es gibt in einer repräsentativen Demokratie zu Recht die Verantwortung der gewählten Vertreter. Und gerade weil eine Kommunalwahl vor der Tür steht, bietet sich der IG "Rettet den Hochwald" eigentlich eine gute Möglichkeit, für ihre Position in Sachen Windkraft einzutreten. Es würde nichts dagegen sprechen, dass sie sich zu einer Liste formiert und bei der VG-Ratswahl antritt. Das Vorbild dafür gibt es übrigens im Ort Zerf. Dort hat sich unter anderem aus Protest gegen die Ansiedlung eines Norma-Markts die IG Gemeinsam für Zerf gebildet, die nun für ihr Anliegen bei der Kommunalwahl kämpft. a.munsteiner@volksfreund.deExtra

Aus Sicht der IG "Rettet den Hochwald" reicht es nicht aus, wenn nur in der Stadt Hermeskeil die Einwohner über die Abstände von Windrädern zu Wohnhäusern abstimmen. Denn selbst wenn in der Stadt nach dieser Umfrage ein 1400-Meter-Abstand Gültigkeit haben würde, seien die Stadtteile Lascheiderhof, Höfchen oder Abtei weiter "schutzlos", so die IG. Bleibt es nämlich in den Nachbargemeinden - etwa Gusenburg oder Geisfeld - beim 1000-Meter-Abstand, würden deren Räder den Häusern in den Hermeskeiler Stadteilen immer noch zu nahe rücken. "Deshalb fordern wir eine Befragung aller Einwohner in der VG, weil nur der VG-Rat eine für alle Gemeinden verbindliche Abstandsregel im Flächennutzungsplan verankern kann", sagt Karl Diller. ax

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