Der Wettergott muss ein Seemann sein

Trier · Aus einer Schnapsidee ist ein überaus erfolgreiches Projekt geworden: Auch mit ihrer zweiten CD hat die Band Santiano die Spitze der Charts gestürmt. Mit ihren Seemannsliedern ist sie am Samstag in Trier vor Anker gegangen.

Trier. Richtige Seeleute zieht es hinaus. Entweder aufs offene Meer, oder - wo das fehlt - zumindest unter freien Himmel. "Seid ihr bereit?", fragt Björn Both, Frontmann der Band Santiano. Die Antwort "Aye, aye!" der etwa 1000 Besucher im Trierer Amphitheater klingt noch etwas verhalten. "Na, wahrscheinlich gibt es in Trier nicht so viele Seeleute", mutmaßt Both.
Die Jungs aus dem hohen Norden ("Für uns ist Hamburg schon wie Südafrika") verstehen es dennoch, mit ihren Seemannsliedern die Moselaner mitzureißen - mit dem englischen "Scarborough Fair", dem bretonischen "Tri Martolod oder dem "Irish Rover" aus Irland.
Ihre Melodien bringen die musikalischen Freibeuter von Kaperfahrten in aller Herren Länder mit. Schon der Name der Gruppe ist angelehnt an ein Lied mit einer wechselvollen Geschichte: Es stammt vermutlich aus dem Mexikanisch-Amerikanischen Krieg, Hugues Aufray machte es 1961 in Frankreich zu einem Hit, und noch einmal 50 Jahre später kam es nach Deutschland.
Über Grenzen hinweg


Das Trierer Publikum ist altersmäßig mehr gemischt als bei vielen anderen Konzerten. Die Flensburger haben es geschafft, musikalische Grenzen zu überwinden: Beim Heavy-Metal-Festival in Wacken sind sie ebenso aufgetreten wie im ZDF-Fernsehgarten. Sie singen für alle, denen ein Seemannschor in blau-weiß-gestreiften Hemden zu spießig ist und für alle, die auch bei rockigeren Rhythmen nicht auf eine eingängige Melodie verzichten wollen. Das sind immerhin so viele, dass die Band auch mit ihrer im Mai erschienenen zweiten CD ("Mit den Gezeiten") von der Erfolgswelle auf Platz eins der Charts gespült wurde.
"Gott muss ein Seemann sein" heißt es da - und das gilt wohl ebenso für den Wettergott: Auch wenn es mit dem "Aye, aye!" des Trierer Publikums zum Ende des Konzerts schon besser klappt - nass von oben will schließlich auch bei Seemannsliedern niemand werden.
Und tatsächlich: Erst als der letzte Ton verklungen ist und viele Besucher schon wieder zu Hause sind, öffnet der Himmel seine Schleusen. daj

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