Liebe Jungs und Drachen

LUXEMBURG. Jazzmusik mit Songwriter-Ambitionen bot die norwegische Sängerin Rebekka Bakken 300 Gästen im ausverkauften Kammermusiksaal der Luxemburger Philharmonie.

Gediegener als die Trierer Tuchfabrik ist er allerdings, der Kammermusiksaal der Luxemburger Philharmonie. Edles Ambiente, moderne Architektur, Sitze im Kino-Format. Ein so ganz anderer Ort für den zweiten Auftritt der norwegischen Songwriterin Rebekka Bakken in der Region. Im vergangenen Jahr hat sie in der ausverkauften Tuchfabrik das Publikum begeistert. Nun kommt die Gegenprobe in Luxemburg. Langsam füllt sich der Saal. Niemand hat es eilig. Manche Honoratioren kommen nebst Gattin im feinen Zwirn - aber nur wenige Jugendliche in Jeans und Turnschuhen sind anwesend. Wir sind nun einmal in einer der reichsten europäischen Metropolen. Den Eindruck hat Rebekka Bakken auch, die dem Ambiente entsprechend im engen schwarzen Kleid auf die Bühne tritt: "Diese Stadt ist toll zum shoppen - gut, dass ich meine Kreditkarte dabeihabe," sagt sie und schmunzelt. Das Konzert beginnt mit langsamen Stücken ihrer neuen CD "I keep my cool". Noch ist die Distanz zum Publikum groß, aber mit rockigeren Klängen von "Even if you buy me thousand cars" lockert Bakken die Stimmung auf. Ihre Stücke werden wilder, experimenteller. Sie geht bis zum Vocal-Jazz, versucht sich in ethno-angehauchten Improvisationen. Bakken kann nun einmal Stimmungen zaubern. Von höchster Freude in ihren Liebesliedern bis zu düsteren Gefühlen bei einem experimentellen Stück, bei dem stampfende Beats und eine kunstvoll kreischende Gitarre von ihrer klaren, kräftigen Stimme zusammengehalten werden. Einen Anteil an diesen Stimmungen hat auch die hochmoderne Beleuchtungstechnik der Philharmonie, die es ermöglicht, den Hintergrund in verschiedene Farben und Muster zu tauchen. Einer der Höhepunkte des Abends wird "Why do all the good guys get the dragons", dem Gitarrist Staffan Astner mit einem infernalisch-schönen Gitarrensolo das Sahnehäubchen aufsetzt.Es geht um Tiefgründig-menschliches

Ein Stück, in dem es darum geht, dass die "lieben Jungs" immer "Drachen" als Frauen bekommen - was die Sängerin offensichtlich bedauert. "In Italien konnte das keiner verstehen, aber bei einem Auftritt in Schweden haben wir zwei Stunden lang danach diskutiert", sagt sie und schmunzelt über europäische Unterschiede im Geschlechterverhältnis. Dieses liegt ihr besonders am Herzen, denn viele ihrer Lieder drehen sich um Tiefgründig-menschliches. Und da ist auch wieder jene Nähe, mit der die Sängerin überzeugt. Das anfangs etwas steife Publikum wird gelöster, bewegt sich mit - soweit es die starre Sitzordnung ermöglicht. Nach der ersten Zugabe wollen die Honoratioren gehen, steigen die Rampe zum Ausgang hinauf. Aber als sie Bakken - von brausendem Applaus erneut auf die Bühne gebeten - erblicken, bleiben sie wie gebannt stehen und lauschen. Mit "As tears clear our eyes", einer Ballade über eine vergangene Liebe, bei der sie nur ihr Gitarrist begleitet, beschließt die Norwegerin den Abend. Bakken hat es wieder geschafft, ihr Publikum zu verzaubern.

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