Starke Trierer Theatersaison 2012/13 trotz schwieriger Umstände

Das Trierer Theater ist finanziellen Kummer gewöhnt. Aber diesmal kam es von allen Seiten. Anhaltende Spar-Auflagen der Stadt, Diskussionen über Spartenschließungen oder gar eine Umwandlung in ein Bespieltheater: Da hätte mancher Betrieb auf innere Emigration geschaltet. Doch das Trierer Ensemble lieferte, neben allen Protest-Aktivitäten, Qualität am Fließband - und macht es damit seinen Gegnern schwer.

 Szene aus "Das Narrenschiff"

Szene aus "Das Narrenschiff"

Foto: Marco Piecuch

Es sind intensive Darsteller, die von der am Sonntag zu Ende gehenden Theatersaison im Gedächtnis bleiben werden. Zum Beispiel das traurige Ende der großen Traviata von Adréana Kraschewski im Kohlenkeller. Oder Luis Lays verstörter, gemobbter Wenzel in der Verkauften Braut. Der seelisch zerstörte Kriegsheimkehrer Tellheim, den Michael Ophelders bei "Minna von Barnhelm" auf die Bühne stellt. Der pralle Galilei von Peter Singer. Der fiebrige DJ Ickarus von Matthias Stockinger in "Berlin calling". Lauter ge- und zerbrochene Charaktere. Lustig geht anders. Aber dem Beifall und der Resonanz nach zu urteilen, kann man das Trierer Publikum für Theater jenseits des Gefälligen durchaus begeistern.Triumph für Grützmacher


Es war eher das Komische, das sich in dieser Spielzeit schwertat: "Gräfin Mariza" etwa. Operette vor leeren Reihen? Da hat sich in Trier etwas verändert. Die Komödie Bandscheibenvorfall war dann doch ein bisschen zu flach, um die U-50-Zielgruppe in Scharen zu locken.
Die kam lieber zu "Falco" und bescherte dem Haus neun ausverkaufte Abende - und eine Wiederaufnahme im September. Ein Triumph auch für Tanztheater-Chef Sven Grützmacher, der zuvor durch seine Zusammenarbeit mit dem Trierer Künstler Bodo Korsig für das Tanzstück "Das Narrenschiff" ohnehin schon neue Maßstäbe gesetzt hat.
Da Capo für die Dauerbrenner: "Josef und Maria", "Der Kontrabass" und der "Theatersport" in der Tufa haben es längst zu Kult-Status gebracht. Launisches Serien-Glück: Die Wiederaufnahme des "Sommernachtstraums" fand zwar im Postinnenhof am Kornmarkt und damit unter freiem Himmel statt, stand aber dennoch unter keinem guten Stern.
Gegen Ende der Spielzeit sorgten außergewöhnliche Produktionen für besondere Akzente. Da war vor allem eine Version der "Zauberflöte", die Solisten von Tanz- und Opern-Ensemble, Chorsänger und Orchester gemeinsam mit den Schülern der Porta-Nigra-Schule auf die Beine stellten. 100 geistig behinderte Kinder eroberten die Bühne, genial angeleitet von Regisseur Jean-Pierre Lamperti. Es gab zwei restlos ausverkaufte Vorstellungen - es hätten wohl auch fünf oder zehn sein können.Jubel bei Weltmusik

 Szene aus "Evita"

Szene aus "Evita"

Foto: Friedemann Vetter


Und da war das zeitgenössische Schauspiel-Festival "Maximierung Mensch", in seiner vierten Auflage so spannend und so vielfältig wie noch nie. Herzstück: ein theatraler Stadtrundgang durch Trier, Titel: Stadt in Aufruhr. Darsteller: Bürger aus Trier und Umgebung. Vier Ausgaben, vier Mal ausverkauft. Soziokulturelles Theater scheint in Trier neues Publikum zu generieren - ein wichtiger Fingerzeig für die kommende Theaterdebatte.
Bleibt ein Blick auf das Orchester. Victor Puhl und seine Truppe mussten ein Weltmusik-Konzert streichen - Sparzwänge. Aber konstantes Interesse bei Sinfoniekonzerten, Jubel bei Weltmusik-Klängen aus Kuba und Japan, Klassik um Elf, ein Arena-Konzert mit Franz Grundheber, eine glanzvolle Wagner-Gala, Kinder-Angebote: Das sollte reichen, um eine ernsthafte Debatte über die Abschaffung der Philharmoniker im Keim zu ersticken.
Pünktlich zum Saisonfinale steht auch wieder die Wahl für den Preisträger der Trierer Theatermaske 2013 an. Bis 10. August können alle Theaterbesucher ihre Nominierung einreichen. Es spielt keine Rolle, ob jemand Gast oder Ensemble-Mitglied ist. Nominiert werden können nicht nur die Akteure auf der Bühne, sondern auch Regisseure, Bühnenbildner oder Dirigenten. Stimmkarten gibt es im Theater sowie an vielen Stellen in der Stadt. Es reicht aber auch eine Postkarte an die Gesellschaft der Theaterfreunde, Hiltrud Zock, Agenturhaus, An der Meerkatz 3, 54290 Trier. Auch per Mail können Vorschläge eingereicht werden an theatergesellschaft-trier@agenturhaus.de. Der Zuschauer-Favorit kommt auf jeden Fall in die Top Five, aus denen eine Jury am Ende den Preisträger auswählt.

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