Versalzener Abend

Seit über zwanzig Jahren begeistert das hessische Komikerduo "Badesalz" auf der Bühne, im Fernsehen oder mit ihren Platten. In der ausverkauften Europahalle führten sie mit "Dugi Otok" ihr neues Programm vor, dass trotz leidenschaftlichen Vortrags einige Längen enthielt.

Trier. Frenetisch begrüßt eine ausverkaufte Europahalle das Komikerduo "Badesalz", das mit "Dugi Otok" sein neuntes Liveprogramm präsentiert. Schauplatz der nach einer kroatischen Insel benannten Sketchabfolge ist ein schlechtgehender Musikalienhandel. Die zwei Besitzer überlegen, was sie tun könnten, um mehr Kundschaft anzulocken und liefern sich dabei abstruse Wortgefechte, denn immer ist einer von einer hirnverbrannten Idee erfüllt, über die der andere dann genüsslich herziehen darf.Dabei verzichten die beiden Comedians bewusst darauf, alle paar Minuten in neuer Verkleidung in den Laden zu stapfen und einen anderen Kunden zu spielen. Schade, denn gerade die Masse an schnellen, aber doch treffenden Charakterzeichnungen war es, die den typischen Witz von Badesalz ausmachte. Stattdessen immer wieder abwechselnd in die "Tünnes und Schäl"-Konstellation zu gehen ist auch nicht origineller. Denn viele klassische Badesalz-Sketche zeichnen sich durch eine bizarre, geradezu surreale Versponnenheit aus: In "Megabryte" etwa erfährt der Zuhörer erst nach Minuten, dass die absurde Klangcollage, der er bisher ausgesetzt war, nur Teil eines Computerspiels über "Computerdeppen an der Hotelbar" war. "Hessi James" lässt derart halsbrecherische Wortsalven über den Cowboy niedergehen, der ihn zum Duell fordert, dass dieser, förmlich zu Tode gelabert, zu Boden sinkt - und das Blut ihm aus dem Ohr läuft.So originell sind die Hessen in der Europahalle nur selten, auch wenn sie eine heftige Lachsalve nach der anderen im Saal freisetzen: Da hält es manchen kaum im Sitz vor Lachen, wenn sich Henni Nachtsheim Frauenkleid und blonde Perücke überzieht und mit Lippenstift kreuz und quer im Gesicht als weibliche Testkundin auftritt. Das kriegt man so auch auf jeder Kappensitzung geboten, von Heldengestalten der deutschen Comedy könnte man doch etwas mehr Inspiration erwarten. An einem Ausflug in die Niederungen des Fäkalhumors war das Beste, auch wenn er gut ankam, dass er kurz war.Dass Badesalz andere Klasse haben könnte, erkennt man etwa in den musikalischen Einlagen: Da führt eine musikalische Reise über die Kontinente, die amüsant und schnell ist und nebenbei eine solide Perfomance beinhaltet, denn beide Komiker waren ja auch mal Musikprofis. Immerhin ist die rein akrobatische Leistung des Duos doch beeindruckend: Obwohl ja auch nicht mehr die Allerjüngsten, babbeln die zwei sich derart energetisch durch das pausenlose Programm, dass einem schwindelig werden kann. Leider aber nicht das einzige Anstrengende des Abends.

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