Vom Kummer der Frauen mit der Liebe

Einen zauberhaften kleinen Opern-Abend bietet das Grand Théâtre Luxemburg mit "Altre Stelle". Rund um die charismatische Sängerin Anna Caterina Antonacci hat die Regisseurin Juliette Deschamps Arien aus Barock und Klassik zu einem szenischen Abend zusammengestellt.

 Sich selbst verletzen, weil man sich verletzt fühlt: Anna Caterina Antonacci. Foto: Christophe Olinger

Sich selbst verletzen, weil man sich verletzt fühlt: Anna Caterina Antonacci. Foto: Christophe Olinger

Luxemburg. Vom Kummer der Frauen mit der Liebe erzählen die Arien großer Opern-Heldinnen wie Glucks "Armida", Rameaus "Phädra", Cherubinis "Medea" und Berlioz' "Didon". Bei Antonacci und Deschamps wird daraus eine Szenenfolge von außergewöhnlicher Dichte und Intensität.

Dezenter Rausch an Farben



Verbunden durch Texte aus Dantes "Göttlicher Komödie" und Andrée Chedids "Ikarus", entwickelt man das Thema von den gemessenen Emotionen des Barock über den ohnmächtigen Zorn von Medea bis zum entfesselten Furor der verlassenen Dido. Dabei ergänzen sich Antonaccis präzises, nur von zwei Kinderstatisten unterstütztes Spiel und ein Bühnenbild von frappierenden Symbolkraft. Ein dezenter Rausch an Farben, ein raffiniertes Spiel von Licht und Schatten, große Bild-Tableaus vom unwirtlichen Schneesturm bis zur blutig-roten Rache: Was Nelson Wilmotte (Bühnenbild), Joel Hourbeigt (Licht) und Macha Makeieff (Kostüme) da mit Hilfe der exzellenten Luxemburger Technik auf die Bühne zaubern, ist ein echtes Theater-Erlebnis.

Über jeden Zweifel erhabene Qualität



Die musikalische Seite steht der szenischen in nichts nach. Wirkt Antonaccis zwischen Sopran und Mezzo spielerisch wechselnde Stimme für Rameau vielleicht eine Spur zu schwer, entwickelt sie bei Cherubini und Berlioz eine geradezu magische Wirkungskraft, die den Zuhörer in die Tragik der Figuren förmlich hineinsaugt. Das Orchester "Les Siécles" unter der Leitung von Francois-Xavier Roth beginnt mit einem spannungsgeladenen Andante aus der 2. Sinfonie von Mehul, wird dann zeitweise etwas vorsichtig, um spätestens beim Vorspiel zum 3. Akt von Cherubinis "Medea" alle Register der musikalischen Dramaturgie zu ziehen. Da bräuchte Antonacci - und sie tut es großartig - den folgenden Kindermord gar nicht mehr zu interpretieren, so eindrucksvoll und beredt hat das Orchester die Handlung bereits illustriert.

Bei Berlioz' "Trojanern" ist die italienische Sängerin über jeden Zweifel erhaben, obwohl sie hier nicht, wie an der Scala, in Paris oder London die Cassandra verkörpert, sondern die Sopran-Partie der Didon. "Altre Stelle" ist, nach dem gleichfalls in Luxemburg aus der Taufe gehobenen "Era la notte", ihr zweites Solo-Programm mit Juliette Deschamps. Es dürfte ein ebensolcher Welterfolg werden.

Heute abend ergibt sich die Chance, das Programm noch einmal zu sehen, bevor es nach Dijon, Nîmes und Paris weiter wandert. Vorstellung im Grand Théâtre am Dienstag, 9. Dezember, 20 Uhr. Es gibt definitiv noch Karten an der Abendkasse.

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