Wellness mit Opern-Gassenhauern

Trier · Es sollte ein Höhepunkt des Rahmenprogramms der Heilig-Rock-Wallfahrt werden, nun wurde es nach allerlei Irrungen und Wirrungen zumindest ein markanter Schlusspunkt: Die "Klassikgala ohne Grenzen" lockte am letzten Wallfahrt-Tag etwa 500 Besucher ins Theater Trier.

Trier. Chorkonzerte gehören, warum auch immer, nicht zum regelmäßigen Angebot des Theaters. Dabei bieten sie eine ideale Gelegenheit, Publikum zu werben, das sich in eine komplette Oper erst mal nicht traut.
Wenn schon, denn schon, mögen sich die Verantwortlichen gedacht haben, und stellten für die Gala ein musikalisches Wellnessprogramm auf, bei denen von den Gassenhauern der Opern-Chorliteratur lediglich der Gefangenenchor aus Fidelio fehlte.
Durchs Programm geführt vom ebenso kundigen wie unterhaltsamen Moderator Peter Larsen, durften die Besucher erst einmal feststellen, dass Verdis "Nabucco"-Ouvertüre auch drei Jahre nach den Antikenfestspielen beim Orchester noch ordentlich sitzt. Die mehr als 100 Sänger aus Theaterchor, Extrachor und Friedrich-Spee-Chor mussten sich danach im Kaltstart beweisen, ging es doch Hals über Kopf in den wilden Eingangschor von Orffs "Carmina Burana" - mehr als respektabel gelöst. Bei Wagners Pilgerchor aus "Tannhäuser" hätte man sich die Tenor-Sektion etwas ausgeglichener gewünscht. Punktsieg für die Damen mit einem herrlich-rhythmischen, fast tänzerischen Zigeunerchor aus "La Traviata".
Sänger machen Lust auf mehr


Das wuchtige "Vorspiel im Himmel" aus Boitos grandiosem "Mefistofele" machte Lust auf mehr von dieser Oper, ebenso wie der Krönungschor aus Mussorgskys "Boris Godunow", bei dem man freilich ein gewisses Fremdeln der Chöre mit der ungewohnten Chromatik nicht überhören konnte.
Ein anrührend-gefühlvoller Höhepunkt der von Angela Händel und Sebastian Glas einstudierten Chöre: der "Summchor" aus Puccinis "Madama Butterfly". Und dann, beim rasenden Tempo der Quadrille aus "Carmen", zeigte Generalmusikdirektor Victor Puhl, was ein guter Dirigent wert ist: Mit zupackender, gelegentlich gar fetziger Körpersprache sorgte er dafür, dass niemand aus der Kurve flog. Wäre ihm freilich der Taktstock aus der Hand gerutscht, man hätte um das Leben seiner Stimmführer in der ersten Reihe fürchten müssen.
Gemischte Gefühle beim Orchester: Einer großartigen "Farandole" aus Bizets "Arlésienne" folgten allerlei Flüchtigkeitsfehler beim "Aida"-Triumphmarsch und dem "Nabucco"-Gefangenenchor - irgendwie verständlich bei den alten Schlachtrössern, die offenbar so unvermeidlich zum Programm gehören wie der Jodler zum Musikantenstadl.
Gerne öfter - und etwas mutiger


Wagners "Meistersinger" zum Schluss, als Zugaben Chatschaturjans Säbeltanz und ein Ausflug zur "Last night of the proms" mit Elgars "Land of hope and glory": Das Publikum war rundherum zufrieden. "Warum nicht öfter" war eine vielfach gestellte Frage im Foyer. Ein ganz klein wenig wagemutiger dürfte das Programm aber schon werden.

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