Wilbur wants to kill himself

(U. M.) Kinderpfleger Wilbur gibt sich ernstlich Mühe, aus dem Leben zu scheiden, aber sein älterer Bruder Harbour (Adrian Rawlins) kann immer wieder rechtzeitig zur Rettung herbei- eilen. Die perfekte Harmonie aus freiem Ausstieg und unwillkommener Rettung gerät aus der Balance, als sich Harbour in die hübsche, aber völlig mittellose Jungmutter Alice (ätherisch schüchtern: Shirley Henderson) verliebt. Mit ihrem kleinen Töchterchen zieht sie bei den ungleichen Brüdern ein, heiratet Harbour und besänftigt Wilbur. Bis von unerwarteter Seite doch noch der Tod an die Tür klopft. Es ist eine moderne Tragödie des Lebens, die zwischen den verstaubten Büchern eines wenig florierenden Antiquariats im herbstlichen Glasgow ungeniert lakonische Heiterkeit verbreitet. Dass ausgerechnet der ruppige Wilbur (Jamie Sives mit rotziger Robbie Williams-Attitüde) bei Kindern gut ankommt, verblüfft und amüsiert dabei weit mehr als seine dilettantisch vorgetragenen Ausflüge in den Suizid. Überhaupt spielen sich am Rande die wahren Skurrilitäten ab, etwa der stoische Psychiatrie-Arzt aus Dänemark (Mads Mikkelsen), die blonde Krankenschwester (Lisa Mackinlay) mit dem großen Herz für debile Existenzen oder die Tatsache, dass bei einem Kindergeburtstag immer einer kotzen muss. Regisseurin Lone Scherfig ("Italienisch für Anfänger") und Co-Autor Thomas Anders Jensen haben eine seltsam schwerelose Makabro-Komödie geschaffen, die sich im Blick auf einen Gute-Laune-Schluss aber allzu leichtfertig eines alles regelnden Schicksalswinks bedient. Zwar wird "Wilbur" damit zum Favoriten im herbstlichen Stimmungsbarometer, aber es bleibt der fade Nachgeschmack, dass der Anlass dafür ein schnöder Ehebruch war. (Broadway, Trier)

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