Die bewegte Frau

Kunst ist für Mana Binz Leidenschaft. Und deshalb arbeitet sie nach eigener Aussage "wie eine Bekloppte" in ihren Ateliers in Brüssel und Lieser. Dabei entstehen Bilder in Öl und Acryl, Kunst als Event, Gemälde auf Stoff, Glas- und Objektkunst.

Lieser. Schon ihr Haus unweit des Marktplatzes in Lieser ist ein Kunstwerk. Um korrekt zu sein, müsste man es Häuserzeile nennen. Mana Binz, die bürgerlich Monika Weitbrecht heißt, hat die an ihr Elternhaus angrenzenden Häuser gekauft und die aufwendig sanierten Gebäude aus vorigen Jahrhunderten durch moderne Glas-Stahl-Konstruktionen miteinander verbunden. Wie in einem Labyrinth sucht sich der staunende Gast den Weg durch die Gebäude vorbei an unzähligen Kunstobjekten, die Mana Binz in den Stockwerken vom Weinkeller bis hinauf in einen Turm und vom ehemaligen Kelter- und Gästehaus ihrer Winzervorfahren bis in den früheren Dorfschlachthof arrangiert hat. Wer weitergeht, gelangt in das einstige Kutscherhaus, in dem die Künstlerin ihre Druckerwerkstatt untergebracht hat. Dort erfasst ihre Assistentin am PC tabellarisch den Bestand der Kunstwerke.

Mana Binz legt größten Wert darauf, gut organisiert zu sein. Das ist noch ihrer Zeit als Unternehmensberaterin und Juristin geschuldet. Erst 1993 ließ sie die Sicherheit ihres erfolgreichen Berufslebens in der Wirtschaft für die Künstlerkarriere sausen. "Ich bin als Maler geboren", erklärt sie und fügt hinzu: "Es ist keine Begabung, sondern eine Gabe". Dafür arbeitet sie auch bis zur völligen Erschöpfung. Kunst als Hingabe, Mana Binz nennt es französisch "folie": "Wenn du nicht bereit bist, dich aufzuopfern, kannst du keine Kunst machen", ist ihre Einstellung.

Ihr schwarzes Haar und ihre schwarzen Kleider kontrastieren mit ihrer farbenfrohen Kunst, die überall in ihren Häusern präsent ist. Selbst eine Decke hat sie unter dem Titel "Die Suche nach dem verlorenen Paradies" in Fresken verwandelt.

Den freundlichen Anschein ihrer Kunstwerke wählt Mana Binz bewusst, um die Auseinandersetzung mit dem Inhalt zu erreichen: "Ich will Schönheit zulassen, weil man mit Schönem die Menschen eher erreicht." Trotzdem seien die Gefahr und das Bedrohliche enthalten. "Kunst muss etwas auslösen, sonst ist es Dekoration", definiert sie ihren Anspruch.

Mana Binz verarbeitet in ihren Werken am liebsten zwei Themen: "das Zulassen von Veränderungen" und "die Wertigkeit von Erinnerungen". "Denn wenn man alles verlässt, bleibt immer die Frage, wo kommst du her, wer bist du?" Die Wahl ihrer Themen ist eng mit ihrem Wesen verknüpft. "Ich bin die bewegte Frau, auf Bewegung und Veränderung programmiert", beschreibt sie sich selbst.

Daher verließ sie Lieser im Jahr 1970, um in Düsseldorf Jura zu studieren, lebte 20 Jahre in Brüssel und glaubte nicht, je wieder an die Mosel zurückzukehren. Sie tat es 1999 doch, um ihre Mutter zu pflegen, und blieb. Seitdem pendelt sie zwischen ihren Ateliers in Lieser und Brüssel, wo sie als Künstlerin längst etabliert ist.

An einem Tisch in einem ihrer Atelierräume, die die Aufgeräumtheit und Einrichtung von Ausstellungshallen besitzen, experimentiert Mana Binz gerade an einem neuen Verfahren zur Herstellung von gläsernen Tellern. Derweil ist ihre Assistentin für die zahlreichen Anrufer da. Einer lässt sich nicht vertrösten: "Korea am Apparat." Nachdem Mana Binz in der Region Fuß gefasst hat, steuert sie nun wieder ins internationale Geschäft und bringt ihre Glaskunst nach Seoul.Extra Besonders aufwendig ist Mana Binz`' 40-Personen-Event "Rituelles Essen", für das die Künstlerin über 1000 Teile eines Glasgeschirrs hergestellt hat. Bekannt ist auch ihr interaktives Werk "Artecelli", das seit 2007 auf Tour ist. Als "Peepshow des Lebens" hat Mana Binz eine Installation aus sieben Boxen mit Gucklöchern geschaffen, in die Menschen Erinnerungsstücke an sieben Lebensphasen geben, die Mana Binz arrangiert. Seit vier Jahren arbeitet die Künstlerin an dem Glaskunst-Projekt "Welten im Wein". 40 der geplanten 77 mannshohen Stelen sind fertig. Sie thematisieren alle Seiten des Wein-Konsums vom Genuss über die bewusstseinserweiternde Wirkung bis zur Droge Alkohol. Vom 13. bis 20. März zeigt Mana Binz auf der Kölner Kunstmeile Rodenkirchen Glaskunst in der "Goldschmiede Alius". (sys)

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