Ein Ausweis hilft, Leben zu retten

BERNKASTEL-WITTLICH. Für Tausende von Kranken ist eine Organspende eine Frage auf Leben und Tod. Jeder könnte Organspender werden, doch - wie eine Umfrage in Wittlich ergab - haben die wenigsten sich darüber je Gedanken gemacht.

Im Bundesdurchschnitt haben im Jahr 2002 zwölf Personen pro eineMillion Einwohner ihre Organe nach dem Tod gespendet. Immer nochstehen 11 500 Patienten auf der Warteliste. "Darüber habe ich noch nie nachgedacht", lautet die häufigste Antwort von Passanten in der Wittlicher Fußgängerzone oder den Wittlicher Schulen, konfrontiert mit diesen Zahlen.

Im vergangenen Jahr konnten 3305 Transplantationen mit Organen von 1029 Spendern durchgeführt werden. Ein Tropfen auf den heißen Stein.

Transplantieren lassen sich Niere, Leber, Bauchspeicheldrüse, Lunge und Herz, Gehörknöchelchen des Mittelohrs und Hornhaut der Augen. Gerade bei den Herz- und Leberkranken müssen viele Patienten wegen ihres schlechter werdenden Allgemeinzustandes von der Warteliste genommen werden, viele sterben dann ohne neues Organ. Auf die Warteliste kommt nur, wer einen stabilen Gesundheitszustand hat, so dass die Verpflanzung auf Erfolg hoffen lässt.

Um das frühzeitige, oft qualvolle Sterben der Patienten zu verhindern und die hohe Zahl der Nierenkranken abzubauen, müssten pro Jahr 900 Herzen, 1100 Lebern, 3500 Nieren und 400 Lungen und 400 Bauchspeicheldrüsen gespendet werden.

Als potenzieller Spender kommt, ungeachtet der aktuell wieder in Diskussion geratene Lebendspende, jeder Hirntote in Frage. Doch hier scheint Verunsicherung zu herrschen.

Testamentarische Erklärung ist nutzlos

"Woher weiß ich denn, dass ich nicht einfach so für tot erklärt werde?", fragt eine 38-jährige Passantin. Todesfeststellung, Rechtssicherheit und gerechte Organverteilung sind im Transplantationsgesetz (siehe Stichwort) geregelt.

"Ich weiß überhaupt nicht, wie ich meine Spendenbereitschaft bekunden kann", meint eine 20-Jährige. Organspendeausweise sind eine Möglichkeit, seine Entscheidung schriftlich festzuhalten. Sie können bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung oder der Deutschen Stiftung Organspende angefordert werden, liegen aber auch in vielen Apotheken, Arztpraxen und Krankenhäusern bereit.

Ausgefüllt trägt der potenzielle Organspender ihn am Besten bei den persönlichen Papieren mit sich, damit er im Falle eines Unfalls sofort gefunden wird. Auch kann man ohne Begründung bestimmte Organe ausschließen.

Eine ärztliche Voruntersuchung ist nicht nötig, zu diesem Zeitpunkt auch nicht sinnvoll. Ebenso wäre eine testamentarische Erklärung nutzlos, denn ein Testament wird zu einem Zeitpunkt geöffnet, an dem die Organentnahme längst medizinisch unmöglich geworden ist. Sinnvoll hingegen ist es, die Spendenbereitschaft mit einem Angehörigen oder einer Vertrauensperson zu besprechen.

Lisa und Anna haben sich, wie die meisten ihrer Mitschüler, noch nie Gedanken über das Thema Organspende gemacht. Klar ist, dass sich keiner gerne mit dem Tod befasst. Doch eines sollte man sich, so grausam es auch klingen mag, bewusst machen: Auch und gerade Kinder und Jugendliche können, beispielsweise durch Freizeitunfälle - ob beim Schlitten- oder Radfahren - einen Hirntod erleiden. Um so wichtiger ist es, früh genug über ein solch prekäres Thema nachzudenken.

Ina, 17 Jahre, hat dies getan: "Wir haben im Religionsunterricht über die Organspende gesprochen. Ich habe mir überlegt, mir auch einen Ausweis zu besorgen." Ihr Klassenkamerad hat sogar schon einen. Er erzählt: "Mein Vater wartet auf eine Niere, ich weiß, wie schwer eine solche Situation ist."

Transplantierte Menschen feiern meist den Tag der Operation als zweiten Geburtstag, er erlöst von jahrelangem Leiden. Trotzdem ist und bleibt die Bereitschaft zur Organspende keine Entscheidung von "richtig" und "falsch". Niemand hat das Recht, eine getroffene Entscheidung zu kritisieren. Mit dem frühzeitigen Treffen einer Entscheidung für sich selbst erspart man seinen Verwandten unter Umständen jedoch die erhebliche Belastung, diese Entscheidung nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen zu treffen.

Später kann es den Angehörigen und Freunden zu einer großen Hilfe werden, zu wissen, dass durch den Tod des geliebten Menschen ein anderer, schwer kranker Patient neuen Lebensmut gefasst hat.

Weitere Informationen:

am Info-Telefon Organspende (kostenfrei): 0800/9040400 und im Internet: www.dso.de.

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