Ein Leben für das Geschäft

Eines der ältesten Fachgeschäfte in der Wittlicher City schließt: Im Jahr seines 140-jährigen Bestehens schließt das Modehaus Kranz-Wendel seine Pforten für immer. Grund ist ein fehlender Nachfolger für das Geschäft.

Wittlich. Der Räumungsverkauf läuft, spätestens Ende Mai ist Schluss: Das Wittlicher Textilhaus Kranz-Wendel in der Trierer Straße schließt nach 140 Jahren für immer seine Pforten. "Fünfzig Jahre habe ich das Geschäft mit Leidenschaft geführt. Jetzt freue ich mich auf den Ruhestand und auf meine drei Enkel", sagt Margit Kranz. Die Inhaberfamilie Kranz hat keinen Nachfolger für das Geschäft, da die drei Kinder ihre Zukunft jenseits des Geschäfts geplant haben. Deshalb haben sich der 81-jährige Aloys Kranz und seine 67-jährige Frau zu diesem Schritt entschlossen. Was die vielen Stammkunden des auf Wäsche spezialisierten Geschäftes jetzt schon bedauern. Marlene Granjean aus Eisenschmitt wird der Laden fehlen: "Ich habe hier gerne und viel gekauft", sagt die treue Kundin.

Nur selten Urlaub gemacht



Das Schließen des Geschäftes bedeutet einen erheblichen Einschnitt im Leben des Unternehmerehepaars: "Der Laden war unser Leben, aber nicht nur", sagt Margit Kranz. Denn im Erdgeschoss des Gebäudes befinden sich die Geschäftsräume, im ersten und zweiten Geschoss des Gebäudes die Privaträume der Familie. Privat- und Geschäftsleben ging daher immer ineinander über: "Das Nähzimmer ist in der Wohnung untergebracht", sagt Margit Kranz. Aloys Kranz arbeitete abends noch zwei bis drei Stunden ins Büro. "Da hatte er seine Ruhe", sagt seine Frau.

Der Sonntag war allerdings mit ganz wenigen Ausnahmen stets für die Familie reserviert. Auch für ihre Hobbys nahmen sich die beiden Zeit neben dem Geschäft. Aloys Kranz spielte in jungen Jahren Fußball, später Tennis und Tischtennis. Seine Frau bevorzugte Schwimmen und Wandern. Gemeinsame Urlaube gab es nur selten.

Das Textilhaus Kranz-Wendel hate eine bewegte Geschichte: 1872 gründete der Strumpfwirker Jacob Wendel das Geschäft und bezog 1876 das heutige Stammhaus. 1922 übernahm Tochter Katharina nach dem Tod ihres Vaters das Geschäft. Durch ihre Hochzeit mit Johann Kranz entstand 1926 der heutige Firmenname. 1945 wurde das Geschäftshaus durch Kriegsereignisse zerstört, 1949 der Betrieb in neuen Räumen wieder aufgenommen. 1954 trat Aloys Kranz ins Geschäft ein. Nach dem Tode seiner Mutter übernahm er gemeinsam mit seiner Frau die Führung des Geschäftes und modernisierte die Verkaufsräume mehrfach.

Geschäft wird vermietet



Mit Hilfe des Sohnes Stephan betrieben Aloys und Margit Kranz zeitweise eine Filiale in einem Ladenlokal gegenüber dem heutigen Geschäftshaus, die sie nach dem Ausscheiden des Sohnes 2001 wieder schlossen. Bis zu 25 Mitarbeiter waren im Modehaus Kranz-Wendel gleichzeitig beschäftigt. Heute sind es noch fünf. Jetzt zum Räumungsverkauf packen die drei Söhne mit ihren Partnerinnen noch mal mit an. "Alle haben uns geholfen, jeder auf seine Art", sagt Margit Kranz. Nach dem Räumungsverkauf müssen sie noch mal beim Ausräumen des Geschäfts helfen. "Das schaffen wir nicht allein", sagt die Inhaberin. Dann wird das Geschäftslokal vermietet. Erste Anfragen haben Aloys und Margit Kranz schon. Aber wem sie letztlich den Zuschlag geben, entscheiden die Geschäftsinhaber erst nach dem Räumungsverkauf.

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