Ein Monopol, das sich auszahlt

MAINZ/MAYEN. Das diskutierte neue Rettungsdienstgesetz stößt auf Kritik ( TV- Ausgabe vom Freitag). Gegner argumentieren, es habe vordergründige Einsparungen bei der Verteuerung des Gesamtssystems und ein Aufblähen des Apparats zur Folge. Außerdem gefährde es die Rettungswachen im Land. Der TV hat dazu Karl-Heinz Groß, Vorsitzender der Landesfachgruppe Rettungsdienst/Verdi, befragt.

Sie haben die Novellierung in der Fachgruppe Rettungsdienst für die Gewerkschaft Verdi begleitet. Was sind Ihre Hauptkritikpunkte?Karl-Heinz Groß: Die Privatisierung der Kliniktransporte führt nur vordergründig zu Einsparungen. Vorhandene Krankentransportkapazitäten, wenn Private diese Transporte übernehmen, sind nicht mehr ausgelastet. Die Vorhaltung der Fahrzeuge und des Personals müssen trotzdem bezahlt werden. Kapazitäten werden reduziert, was die Bewältigung größerer Schadenslagen unmöglich macht und eine höhere Vorhaltung von Rettungswagen nach sich zieht, wodurch das Gesamtsystem wiederum verteuert wird. Was sagen Sie Kritikern, die mit dem Argument, das DRK habe eine Monopolstellung im Land, einen Wettbewerb fordern? Groß: Das DRK hat de facto eine Monopolstellung. Diese Monopolstellung führt aber zu einer einheitlich hohen Qualität im ganzen Land und durch den landesweiten Finanzausgleich zu den niedrigsten Kosten für den Rettungsdienst in ganz Deutschland. Bei einer Splittung der Anbieter ist dieser Finanzausgleich nicht mehr möglich und die Kosten entwickeln sich wie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, wo sie zum Teil um 200 Prozent höher sind.Weniger hochqualifiziertesPersonalDer Normalbürger denkt vielleicht, wenn privatisiert wird, arbeiten bisherige DRKler dann einfach "mit einer anderen Uniform". Was ist davon zu halten?Groß: Was die Kliniktransporte angeht, gelten die Qualitätsvorgaben des Rettungsdienstgesetzes hierfür in Zukunft nicht mehr. Also würden private Arbeitgeber das hochqualifizierte Personal des DRKs nicht übernehmen, weil dessen Qualifikation für diese Transporte gar nicht gebraucht wird.Die Schaffung von Verbundkrankenhäusern wie Wittlich und Bernkastel-Kues wird weiter gehen. Wie schätzen Sie langfristig die Folgen der Privatisierung der "innerklinischen" Transporte ein? Groß: Es ist durch den zunehmenden Zusammenschluss von Krankenhäusern bei gleichzeitiger Reduzierung des Angebots in den einzelnen Häusern mit einer erheblichen Zunahme dieser Transporte zu rechnen.Welche weiteren Auswirkungen hat die Gesetzesänderung auf das landesweite Gesamtsystem?Groß: Durch die zwangsweise Verlegung weiterer vier Rettungsleitstellen, von denen drei neu und hochmodern sind, zu Berufsfeuerwehren, wird unnötig Geld ausgegeben, obwohl der gewünschte Effekt, integrierte Leitstellen zu schaffen, in den vorhandenen Rettungsleitstellen genauso erreicht werden könnte.Was ändert sich sonst noch?Groß: Der bisher mit Beteiligung aller, auch der örtlichen Ebene, durch Beratung zustande gekommene Landesrettungsdienstplan wird in Zukunft ein jederzeit veränderbarer Ministerialerlass, an dessen Zustandekommen niemand mehr beteiligt werden muss. Durch die Einstellung leitender Ärzte bei den Aufsichtsbehörden wird der Apparat unnötig aufgebläht, ohne dass es hierfür einen Grund gibt und ohne dass eine Verbesserung zu erzielen ist. Hier handelt es sich um reine Klientelpolitik zugunsten der Ärzteschaft.Inwieweit sind aus Ihrer Sicht Arbeitsplätze von Mitarbeitern des Roten Kreuzes betroffen? Groß: Wenn die Kliniktransporte von privaten Anbietern, die es in Rheinland-Pfalz gar nicht gibt, übernommen würden und in der Folge Krankentransport-Kapazitäten abgebaut würden, würde dies unweigerlich zu Verlusten von Arbeitsplätzen führen.Auswirkungen sindflächendeckendMeines Wissens sind Sie im Bereich Mayen auch mit Demos an die Öffentlichkeit getreten. Wie war die Reaktion? Groß: Wir haben bei einigen wenigen Veranstaltungen über 5000 Unterschriften gegen die Novelle sammeln können.Wissen Sie, welche Landkreise - Trier-Saarburg, Bitburg-Prüm, Daun, Bernkastel-Wittlich - besonders betroffen sind?Groß: Es wird voraussichtlich keine Region besonders betroffen sein. Die Auswirkungen sind flächendeckend.dj/-pf.SDie Fragen stellte unsere Redakteurin Sonja Sünnen

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