Eine Frau, ein Millionenerbe, ein Ort

Hetzerath · Fünf Mal 250 000 Euro stehen auf jeden Fall zur Verfügung: Diese Teilsummen sollen laut Testament von Edith Barzen Kirche, Kindergarten, Schule, Vereine und Bedürftige in Hetzerath bekommen. Auf welchen Geldwert sich das Erbe darüber hinaus beläuft, ist unbekannt, weil nicht alle Immobilien der Verstorbenen verkauft sind. Kirche, Kindergarten und Schule haben als Erste vom Geldsegen profitiert.

 Auch die Kinder in der Hetzerather Tagesstätte profitieren vom Ausbau ihrer Mensa. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Auch die Kinder in der Hetzerather Tagesstätte profitieren vom Ausbau ihrer Mensa. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Hetzerath. Zwei Jahre ist es her, dass die Bauunternehmertochter Edith Barzen starb und ihr gesamtes, millionenschweres Erbe Einrichtungen und Bedürftigen in Hetzerath vermachte (der TV berichtete). Im vergangenen Dezember wäre sie 75 Jahre alt geworden. Sie legte testamentarisch fest, dass ihr Vermögen zu gleichen Teilen an Kirche, Kindergarten, Schule, Vereine und Bedürftige in ihrem Heimatort zu verteilen ist. Fest steht, dass für alle fünf Bereiche jeweils mehr als 250 000 Euro zur Verfügung stehen.
Auf 1,3 Millionen Euro wird das Erbe insgesamt geschätzt. Es besteht zum Teil aus Immobilien. Jetzt sollen die letzten ihrer Liegenschaften verkauft werden. Dann weiß Hetzerath genau, wie hoch der Eurosegen sein wird.
Gemeinde pflegt Grab


Verwalter des Vermächtnisses ist laut Testament der Ortsbürgermeister. Keine unbedingt leichte Aufgabe für Werner Monzel. Ein Teil jedoch ist schon wunschgemäß verteilt: Das Geld, das zweckgebunden an die Verbandsgemeinde geflossen ist, damit sie es für die Schule verwendet, zum Beispiel. 206 000 Euro wurden in den Aufbau der Ganztagsschule investiert: für Küche, Mensa, Bibliothek und Ruheraum. Und der Schulhof wurde mit Indianerzelten aus Holz, einer Rutsche und Sitzbänken verschönert. 63 000 Euro aus dem bislang verfügbaren Erbe stehen der Schule noch zur Verfügung. Davon soll der Mehrzweckbereich an der Turnhalle für die Schule gekauft werden. Er gehört noch der Gemeinde, die ihn jetzt, wo sie das neue Bürgerhaus hat, nicht mehr benötigt. Was übrig bleibt, ist für schulische Projekte und Fahrten gedacht, sagt Kämmerer Leo Merges.
Die Kita GgmbH teilt auf TV-Nachfrage mit, dass sie für den Kindergarten Mobiliar kaufen will, das auch der Gesundheitsförderung dienen soll. Ein weiterer Teil der Erbschaft soll in einen Erweiterungsbau der Kindertageseinrichtung fließen.
Und die Kirche, die hat nach Auskunft von Pastor Patrick Ringhausen mit ihrem Erbteil bislang ausschließlich Rücklagen gebildet.
Bleiben die beiden weiteren testamentarisch Bedachten: Vereine und Bedürftige. Noch sind dazu Summen und Empfänger unbekannt. Doch Ortsbürgermeister Werner Monzel will innerhalb der nächsten zwei Monate das erste Geld aus dem Nachlass an Hetzerather Vereine verteilen. Er steht vor der schwierigen Aufgabe, entscheiden zu müssen, welcher Verein und welcher Bedürftige wie viel bekommt. Ein eigens dafür gegründeter Arbeitskreis berät ihn. Edith Barzen hat dazu festgelegt, dass das Geld auf 20 Jahre verteilt an diese beiden Empfängergruppen ausgeschüttet werden muss. Zudem sind nur Zuweisungen zulässig, wenn ein konkreter Verwendungszweck vorliegt. Dennoch bleiben Fragen: Bekommen auch Gruppen Geld, die nicht als Verein eingetragen sind? Welche Rolle spielt die Größe eines Vereins? Unterscheidet man zwischen geschlossenen Gruppen und für jedermann zugänglichen?
Eine Umfrage soll klären, wofür die Vereine überhaupt Geld benötigen. Sie ist noch nicht ausgewertet. Aber eins steht fest: Das Bürgerhaus bekommt ein zweites Klavier. "Es kommt Musikverein, Gospelchor, Mandolinenverein und Gesangverein zugute", so Monzel. Eine Investition im Sinne der Stifterin, die Jugendarbeit, kulturelles Leben und soziales Miteinander unterstützen wollte.
Welche bedürftigen Privatpersonen sich Hoffnungen auf einen Geldsegen machen können, dar über schweigt der Ortsbürgermeister, um keine Spekulationen oder Erwartungen anzuheizen.
Für Hetzerath sei die Erbschaft ein Segen, sagt Werner Monzel. "Sie ermöglicht Dinge, die sonst undenkbar gewesen wären." Zum Dank pflegt die Gemeinde Edith Barzens Grab und hat zu ihrem Gedächtnis eine Fotografie ihrer Familie im Foyer des neuen Bürgerhauses aufgehängt.
Extra

 Edith Barzen hat der Gemeinde Hetzerath ihr gesamtes Vermögen hinterlassen. Foto: privat

Edith Barzen hat der Gemeinde Hetzerath ihr gesamtes Vermögen hinterlassen. Foto: privat

Edith Barzen wurde am 15. Dezember 1936 geboren. Sie war das einzige Kind des Hetzerather Bauunternehmers Georg Barzen. Sie blieb ledig und kinderlos und lebte mit ihren Eltern in der Bahnhofstraße 49. Schon als Kind wurden bei ihr Symptome einer Nervenkrankheit festgestellt. Das führte wohl auch dazu, dass sie im Büro des elterlichen Betriebs angestellt wurde. Edith Barzen lebte trotz ihres Reichtums sehr bescheiden und zurückgezogen. Die sozial eingestellte Frau war Mitglied in Kirchenchor und Pfarrgemeinderat und war im Seniorenkreis aktiv. Nach dem Tod ihrer Eltern erbte sie neben dem Barvermögen auch zahlreiche bebaute und unbebaute Grundstücke in Hetzerath und Umgebung. Edith Barzen starb am 19. November 2009 nach langer schwerer Krankheit. sys

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