Gemeinden gründen Solidarpakt in Windeseile

Bernkastel-Wittlich/Manderscheid · Noch bevor feststeht, welche Standorte für Windräder infrage kommen, erklären die 21 Ortsbürgermeister der Verbandsgemeinde Manderscheid, dass sie die Gewinne untereinander aufteilen wollen. Landrat Gregor Eibes lässt währenddessen untersuchen, wie die Kommunen im Kreis Bernkastel-Wittlich in einer Beteiligungs- oder Betreibergesellschaft zusammengefasst werden könnten.

Bernkastel-Wittlich/Manderscheid. Sie haben hitzig diskutiert - und sich nach drei Treffen doch im Rekordtempo geeinigt: Die Ortsbürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Manderscheid wollen einen Solidarpakt Windkraft gründen und die Einnahmen untereinander aufteilen.
Grundlage ist ein Verrechnungsschlüssel, wie ihn die VG Rheinböllen entworfen hat (siehe Extra). Demnach soll jede Gemeinde, auf deren Flächen ein Windrad steht, zunächst einen feststehenden Sockelbetrag erhalten. Vom Rest der Einnahmen, beispielsweise aus Pacht oder Eigenbetrieb der Anlagen, erhält sie nochmals einen festen Anteil. Der Rest wird auf alle Gemeinden aufgeteilt. Je mehr Einwohner, desto höher ist der Anteil.
"Pragmatischer Realismus statt Goldgräberstimmung", so formulierte Karl-Josef Junk, Ortsbürgermeister von Laufeld, die Losung, als er das Vorhaben in der VG-Ratssitzung vorstellte. In jedem Fall wollten die Ortsgemeinden eine gemeinsame Lösung finden, bevor die Windkraftstandorte feststehen. Die Initiative ging von Eisenschmitt und Oberscheidweiler aus.
Der Solidarpakt soll es auch erleichtern, Windräder konzentriert anzusiedeln, und alle Orte für die Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds zu entschädigen. Weil die Ortschefs nicht wollen, dass die VG die Standortfrage über ihren Kopf hinweg entscheidet, hatten sie im Anschluss an die VG-Ratssitzung im November mit der Suche nach einer gemeinschaftlichen Lösung begonnen. Zahlreiche Ortsgemeinderäte, beispielsweise Oberöfflingen, Hasborn und Musweiler, haben den Beitritt zum Solidarpakt bereits beschlossen.
Grundsätzlich sind die Ortsbürgermeister auch bereit, in Zukunft die Photovoltaik-Flächen in die Berechnungen einzubeziehen und die Gewinne daraus ebenfalls aufzuteilen. Noch nicht gelöst ist bisher die Frage, wie man mit privaten Grundstückseigentümern umgeht, die Windräder errichten wollen.
Weiter geht die Idee, mit der sich Landrat Gregor Eibes an die Bürgermeister der Städte und Gemeinden im Landkreis wendet. Eibes argumentiert, der Ausbau erneuerbarer Energien sei für die Kommunen umso profi tabler, je mehr Anlagen, Betreibergesellschaften et cetera vor Ort angesiedelt seien. Bei der Investition und im Betrieb der Anlagen sei die Rendite langfristig am höchsten. Eine regionale Bank untersuche daher, wie eine regionale Beteiligungs- beziehungsweise Betreibergesellschaft mit den Kommunen auf den Weg gebracht werden kann. Anfang Februar soll die Studie vorliegen. Bis dahin bittet Eibes die Gemeinden, keine Verträge mit Betreiberfirmen einzugehen.
"Wir sind nach wie vor für alle Modelle frei", erklärte der Hasborner Ortschef Hajo Neumes. Doch zunächst einmal müsse man sich auf die Solidarlösung einigen. Der VG-Rat begrüßte schließlich den Pakt und empfahl allen Ortsgemeinden, beizutreten. Bei einer Sondersitzung im Januar mit dem Landrat soll dann über die Windkraft ebenso wie über die Kommunal- und Verwaltungsreform gesprochen werden.Extra

Bürgerinitiative: "Kommen die Giganten jetzt auch in die Vulkaneifel?" Das ist der Titel einer Infobroschüre, die eine Initiative von Bürgern in Bettenfeld herausgegeben hat. Darin will sie über die Auswirkungen der Windkraft aufklären. Sobald der Flächennutzungsplan mit potenziellen Windkraftstandorten feststeht, soll es auch Infoveranstaltungen geben. Zu den Initiatoren gehört Sibylle Bauer aus Bettenfeld. Die Broschüre gibt es auch im Internet: www.windgiganten.de uqExtra

Solidarrechner Ein Rechenbeispiel für Oberöfflingen mit rund 300 Einwohnern: Nehmen wir an, dass 40 Windräder in der VG und drei in der Gemeinde stehen und dass die Pachteinnahmen 50 000 Euro im Jahr betragen. Dann würde Oberöfflingen ohne Solidarpakt 150 000 Euro erhalten. Nähme es am Pakt teil und wäre dieser so gestaltet, dass jede Standortgemeinde pro Rad einen Sockelbetrag von 18 000 Euro erhält und zudem die Hälfte des Restbetrags der Pachteinnahmen, kämen am Ende unter Einberechnung der Einwohnerzahl 128 000 Euro für die Gemeinde zusammen. Allerdings stehen die genauen Variablen, beispielsweise die Höhe des Sockelbetrags, noch nicht fest. uq

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