Hausmütterchen mit Schürze: Das war gestern

Mülheim · Als Ursel Becker vor 44 Jahren beim Landfrauenverband Mitglied wurde, ging es bei den Treffen vorwiegend um Praktisches für den Haushalt. Das hat sich geändert: "Heute wollen Frauen sich weiterbilden und immer neues Wissen für alle Lebenslagen bekommen", sagt die ehemalige Vorsitzende.

Mülheim. Mehr als vier Jahrzehnte ist die in Andel geborene und in Mülheim lebende Ursel Becker Mitglied im Landfrauenverband - in dieser Zeit hat sich einiges geändert. Die heute 63-Jährige weiß: "Das Image der Landfrauen ist längst nicht mehr das der Hausmütterchen in Schürze." Obwohl diese Meinung durchaus noch bei vielen vorherrscht. Zu Unrecht, denn die Mitgliederstruktur besteht aus maximal noch 15 Prozent Bäuerinnen oder Winzerinnen. Becker: "Rechtsanwältinnen, Lehrerinnen, Hausfrauen oder Verkäuferinnen bestimmen den Verein aus allen Gesellschaftsschichten."
Eine Rundtour in Schottland


In Morbach machte Ursel Becker, die aus einer Familie mit Land- und Weinwirtschaft stammt, ihre Ausbildung zur landwirtschaftlichen Hauswirtschaftsgehilfin. 1968 trat sie bei den Landfrauen ein und engagiert sich seitdem stark für die Mitgliedswerbung. 1972 wurde sie erste Vorsitzende. "Ich habe damals mit vielen Frauen geredet und gesagt, wir müssen doch mehr machen, als nur zuhause sein." Das war revolutionär - genauso wie die Tatsache, dass Becker zwei deutsche Mark Jahresbeitrag einsammelte: "Viele konnten das nicht zahlen, weil der Mann dagegen war."
Bestens in Erinnerung ist ihr noch einer der ersten Ausflüge: "Wir fuhren mit sieben Bussen, hatten einen Tag und ein Ziel, den Rhein bei St. Goar. Als wir alle aus den Bussen strömten, war das wie eine Invasion von Frauen."
Menschen ganz nah



Mittlerweile haben die Damen zahlreiche Touren in Deutschland und ins angrenzende Ausland unternommen sowie eine Rundtour durch Schottland. "Früher haben wir uns getroffen, um hauswirtschaftliche Dinge wie Basteln, Einwecken oder Vorratshaltung zu lernen." Zu der Zeit gab es Gemeinschaftskühlhäuser und mit dem Einzug elektrischer Küchenmaschinen wurde deren Bedienung zunächst bei den Treffen thematisiert.
"Angebote und Bildung für die Frauen auf dem Lande, dafür habe ich mich stets eingesetzt", so Becker. "Früher meinten viele: Das brauchen wir nicht, das machen ja die Männer. Heute sind Rhetorik- oder PC-Kurse, Wellness und Gesundheit, Fragen zu Recht und Geld oder die Gesellschaftspolitik Normalität."
Familiengesundheit und Angebote für Kinder gehören heute zu den Angeboten des Landfrauenverbands. "Für mich ist es immer noch so, dass man bei uns mal zur Tür reinschauen kann und einem geholfen wird." Ursel Becker ist mit Leib und Seele im Verein - ihr Wunsch: "Dass auch jüngere Frauen zu uns kommen. Hier gibt es Geselligkeit, Wissen, und tolle Freundschaften können geschlossen werden."Extra

Etwa 2000 Mitglieder zählt der Landfrauenverband Bernkastel-Wittlich, der 1957 gegründet wurde. Ehrungen für 44 Jahre Engagement sind nach Angaben der heutigen Vorsitzenden Edith Baumgart "die Ausnahme". Seit 2004 haben die Landfrauen eine eigene Geschäftsstelle in Wittlich und sind im Internet mit allen Informationen unter www.land-frauen.de vertreten. jo

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