Neun Millionen Euro weniger - Windkraft-Diskussion: Bürgermeister befürchtet Gästerückgang

Bernkastel-Kues · Die Windkraftpläne in der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues sind derzeit blockiert. Ein Thema bleiben sie trotzdem. In der Tourismushochburg Bernkastel-Kues werden massive Einbußen bei Einnahmen und Arbeitsplätzen befürchtet, wenn doch gebaut wird.

Da hat sich jemand richtig Arbeit gemacht. Etwa 20 Minuten lang spricht der Bernkastel-Kueser Stadtbürgermeister Wolfgang Port (CDU) im Stadtrat über Windkraftanlagen und deren mögliche Auswirkung auf den Tourismus. Er tut dies in dem Wissen, dass im neuen Entwurf des Landesentwicklungsprogramms (LEP) IV die an das Moseltal angrenzenden Höhen von Windkraftanlagen ausgespart werden sollen, weil die Region als historische Kulturlandschaft gekennzeichnet ist (TV vom 29. Oktober). Darüber wird aber noch diskutiert.Details sollen in der regionalen Planungsgemeinschaft geklärt werden. Darin sitzen Vertreter von Kommunen und Behörden. Ob die Mosel und die angrenzenden Höhen frei bleiben, ist also noch offen.
Er wolle über Risiken informieren, sagt Port: "Damit, wenn die Sache in die Hose geht, keiner sagen kann, wir haben von alledem nichts gewusst." Sollten Anlagen gebaut werden, die von höher gelegenen Orten der Stadt zu sehen sind, sei mit einem zehnprozentigen Rückgang der Übernachtungszahlen und einem fünfprozentigen Rückgang an Tagesgästen zu rechnen. Dazu kämen Steuerausfälle.
Insgesamt sei das eine Summe von mehr als neun Millionen Euro im Jahr. Port bezieht sich auf Modellrechnungen (Extra). Er rechnet außerdem mit dem Verlust von mehr als 200 Arbeitsplätzen. Für die Stadt geht es vor allem um drei Anlagen, die auf der Gemarkungsgrenze zwischen Bernkastel-Kues, Graach und Longkamp entstehen könnten.
Ports Fazit: In stark touristisch geprägten Regionen wie der Mosel müssten die Belange des Tourismus bei der Beurteilung von Windkraftanlagen in die Waagschale geworfen werden. "Wer das nicht macht, handelt grob fahrlässig."
Die Meinung der Fraktionen: CDU, SPD, FDP und Unabhängige Bürgerunion (UBU) haben Angst vor einer Verspargelung der Landschaft. CDU und UBU bringen einen Ausbau der Wasserkraft ins Spiel. "Ich finde Windräder schön. Die junge Generation hat damit kein Problem", entgegnet Gertrud Weydert (Grüne).Die Meinung von Hermann Lewen, Kultur und Kur GmbH: Auf dem Kueser Plateau stehen fünf Reha-Kliniken (1000 Betten) und 600 Hotelbetten. Von dort seien die Windkraftanlagen zu sehen. Zum Lärm von der B.50 neu, die bald über die Höhe auf der anderen Moselseite führe, kämen weitere Immissionen.
Die Meinung von Hotelier Dieter Kettermann: Die Tourismusbranche befürchtet einen Gäste-rückgang. Zumindest die Anlagen oberhalb der Stadt dürfen nicht gebaut werden.
Die Empfehlung des Rates mit Ausnahme der Grünen: Die Anlagen oberhalb der Stadt werden abgelehnt, das weitere Vorgehen soll auch von einer Gästebefragung abhängig gemacht werden. Meinung

Beim Geld hört Freundschaft auf Von Clemens Beckmann
Nicht wenige Orte der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues hoffen inständig auf die Windkraft, um nach langer Durststrecke wieder finanziellen Spielraum zu gewinnen. Andere fürchten, dass sich die Anlagen negativ auf die Tourismuszahlen niederschlagen. Der Mittelweg wäre, die Höhe der Anlagen zu begrenzen. 150 statt 200 Meter würden optisch schon etwas bewirken. Ob da aber die Betreiber mitspielen? Bleibt es bei den Vorgaben des Landesentwicklungsplans, löst sich die Diskussion in Wohlgefallen auf. Werden aber doch Standorte freigegeben, droht in der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues Streit. Denn beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. c.beckmann@volksfreund.deExtra: Tourismuszahlen

In der Stadt Bernkastel-Kues wurden 2011 757.000 Übernachtungen gezählt, in der gesamten Verbandsgemeinde waren es etwa 1,390 Millionen. Geld in die Kassen bringen auch die Tagesgäste.Allein in der Stadt sind es pro Jahr geschätzte 1,5 Millionen. Eine Übernachtung in Hotels und Pensionen schlägt nach Auskunft der Mosellandtouristik im Durchschnitt mit 105,20 Euro zu Buche, bei Privatanbietern sind es 60,30 Euro. Ein Tagesgast gibt durchschnittlich 30,40 Euro aus. Wer den Verlust ausrechnen will, muss die Mathematik bemühen.Die Formel dazu lautet: B (touristische Bruttoumsätze) = 0,2 x 0,1 x A (Anzahl der Übernachtungen) x P (durchschnittlicher Erlös pro Übernachtung im Privatzimmer + 0,8 x 0,1 x A x K (durchschnittlicher Erlös pro Übernachtung im konzessionierten Betrieb). cb

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort