Stadtchef ehrt Lehrerin für Engagement bei Verdun-Projekt

80 Wochenenden in elf Jahren verbrachte Lehrerin Helma Thelen-Oberbillig ehrenamtlich in Verdun, um dort mit ihren Schülern an einem Schauspiel zum Ersten Weltkrieg teilzunehmen. In diesem Jahr fuhr sie zum letzten Mal mit 40 Jugendlichen nach Frankreich. Joachim Rodenkirch ehrte sie für ihr langjähriges Engagement.

 Bürgermeister Joachim Rodenkirch ehrt Helma Thelen-Oberbillig für ihr Engagement im Rahmen der deutsch-französischen Kooperation zur Erinnerung an den Ersten Weltkrieg. Foto: Realschule plus

Bürgermeister Joachim Rodenkirch ehrt Helma Thelen-Oberbillig für ihr Engagement im Rahmen der deutsch-französischen Kooperation zur Erinnerung an den Ersten Weltkrieg. Foto: Realschule plus

Wittlich. (red) Es wird still im voll besetzten Multifunktionsraum der Realschule plus Wittlich. Eigentlich steht eine ganz normale Dienstbesprechung auf dem Plan. Aber ein zusätzlicher Gast, Bürgermeister Joachim Rodenkirch, lässt erahnen, dass ein besonderer Programmpunkt vorgesehen ist.

Durch einen Lautsprecher ertönen französische Worte. An der Wand erscheint per Beamer das Bild eines Soldaten, der im Schneidersitz auf dem Schlachtfeld von Verdun sitzt und einen Brief an seine Frau schreibt: "23. April 1915, wir sitzen hier in diesen Gräbern voller Schlamm, die von der Nordsee bis zur Schweizer Grenze reichen, in der Kälte und wir hören die Feuerwerke des Todes."

Es ist der Auftakt zu einem Schauspiel, bei dem es um die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges, die Schrecken der Schlacht von Verdun, die schwierige Zeit danach und um die Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich und den Aufbau eines friedlichen Europas geht.

Nach einigen ausgewählten Szenen der Freilichtaufführung "Von den Flammen zum Licht" richtet Schulleiterin Rosemarie Bölinger das Wort an die Person, die elf Jahre lang mit ihren Schülern an der Aufführung teilnahm und dieses Jahr zum letzten Mal mit 40 Jugendlichen die Reise nach Frankreich antrat: Lehrerin Helma Thelen -Oberbillig.

Rund 80 Wochenenden verbrachte sie zusammen mit den Kindern auf dem Festspielgelände in Verdun, um dort bei den Proben und Aufführungen des Schauspiels mit dem französischen Titel "Des flammes de la lumières" mitzumachen. Bei jeder Witterung wurde geprobt, gespielt und bei den Aufbauten mitgeholfen. Dabei war die Unterbringung alles andere als nobel: Die jungen Leute nächtigten in großen Zelten, die Lehrpersonen zuletzt in Containern. Dennoch war die Freude an diesem Projekt so groß, dass sogar Ehemalige noch Jahre nach ihrer Schulentlassung immer wieder mitfuhren. Auch ein ehemaliger Lehrer der Realschule plus, Helmut Roth, begleitete die Gruppe oft.

Ausgerichtet wird das Schauspiel vom Kulturverein "Connaissance de la Meuse", der sich zum Ziel gesetzt hat, die Region an der Maas nicht nur als Land der kriegerischen Konfrontationen und der großen Friedhöfe erscheinen zu lassen, sondern als Land der Versöhnung.

Für Helma Thelen-Oberbillig ist das Verdunprojekt der Realschule plus ein besonderes Beispiel deutsch-französischer Verständigung außerhalb gewohnter Bahnen, für das die Schule bereits 2006 die Europamedaille für außergewöhnliches Engagement erhielt.

Als Enkelin zweier Männer, die im Ersten Weltkrieg an der Westfront kämpften, kann sie sich noch gut an die Erzählungen ihrer Großmutter erinnern, die ihr von den Schrecken dieser Zeit berichtete. Deshalb willigte sie sofort ein mitzumachen, als die Veranstalter einen deutschen Lehrer suchten. "Allerdings war es mir bei meiner Zusage nicht bewusst, wie viel Zeit und Mühe ich in diese Arbeit investieren müsste", sagte sie. Leider seien in den letzten Jahren die Zuschüsse deutlich gekürzt worden, und sie wolle nicht mehr betteln gehen, so Thelen-Oberbillig. Mit Wehmut stellt sie fest: "Die letzte Saison war die schönste, weil so viele dabei waren, die sich auskannten. Vielleicht soll man aufhören, wenn es am schönsten ist."

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