Von der Suche nach stillen Örtchen

Bernkastel-Kues · Wo sich viele Touristen tummeln, da müssen auch Sanitäranlagen in Reichweite sein. In Bernkastel-Kues werden die Urlauber von Gastronomen oftmals zu den öffentlichen Toilettenanlagen verwiesen. Diese sollten besser ausgeschildert und auch länger geöffnet sein, sagen sie. Eine neue Idee ist die "nette Toilette".

 Wo bitte geht's zur nächsten Toilette? Ein Hinweisschild wie am Kueser Bahnhof findet sich in der Stadt nur selten. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Wo bitte geht's zur nächsten Toilette? Ein Hinweisschild wie am Kueser Bahnhof findet sich in der Stadt nur selten. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Bernkastel-Kues. Ein Schild kann der Weg zu einer Erlösung sein. Beispielsweise beim Touristen, der sich das Panorama der Altstadt von der Moselbrücke aus anschaut und den ein dringendes Bedürfnis plagt. In Höhe des Cusanusstifts weist ein Pfeil am Kreisel auf die öffentliche Toilettenanlage hin. Am alten Kueser Bahnhof hängt ein angerostetes Toiletten-Schild. Doch die Tür ist abgeschlossen. In der dazugehörigen Kneipe ist montags Ruhetag. Wohin jetzt? Auch in Bernkastel findet sich ein Schild - am Busparkplatz. Ja, die Toilette ist geöffnet. Die Stadtbesichtigung kann weitergehen.

Versorgung ist ausbaufähig


Der Selbsttest zeigt: Die Versorgung der Cusanusstadt mit öffentlichen Toiletten ist nicht optimal. Vier von ihnen gibt es: am ehemaligen Moselbahnhof am Gestade, im Untergeschoss der Verwaltung der Verbandsgemeinde, am Karlsplatz sowie in Kues am ehemaligen Bahnhof. Stadtbürgermeister Wolfgang Port hat nun eine andere Idee ins Spiel gebracht, die "nette Toilette". Dabei stellen Gastronomen oder Geschäfte ihre Waschräume zur Verfügung und bekommen dafür von der Stadtverwaltung Geld (siehe Extra).
Auch Jörg Lautwein, Leiter des Mosel-Gäste-Zentrums, hält die Versorgung für verbesserungswürdig. Das Problem seien vor allem die Hochzeiten, beispielsweise bei größeren Veranstaltungen, wo trotz zusätzlicher Toilettenwagen das Angebot nicht ausreicht. Deshalb arbeite die Entwicklungsagentur gerade an einem neuen Konzept, das im Winter fertiggestellt und thematisiert werden soll.
Bis dahin kümmern sich weiter Damen wie Somchai Loch um die Anlagen. Sie betreibt die Toilette in der Verwaltung - "sieben Tage die Woche, von morgens bis abends". Ihr Arbeitstag dauert zwölf Stunden, von 8 bis 20 Uhr. Bei Regen schließt sie auch schon mal um 19 Uhr. Von Weihnachten bis Ostern ruht der Betrieb.
50 Cent kostet der Gang zum stillen Örtchen, der mit sechs Kabinen für Damen und drei für Herren sowie sechs Urinalen ausgestattet ist. Toiletten für Rollstuhlfahrer finden sich hier ebenso wie beim Moselbahnhof am Gestade. Die dortige Damentoilette ist renoviert, der Bereich für die Herren soll bald folgen, sagt Inhaber Josef Ehlen. Die WCs sind im Sommer ganztags geöffnet. Im Winter hat die Gaststätte zwar ihre Ruhetage, aber "die Toilette ist trotzdem auf, wenn Leute in der Stadt sind", sagt Ehlen.
Kneipen helfen aus


Auch am Karlsbader Platz dient die Toilette einer Gaststätte, dem Zollhaus, als öffentliches WC und ist während der Öffnungszeiten des Restaurants für jeden zugänglich. Da können sich schon mal Schlangen bilden, sagt Betreiber Salvatore Taebel. Mit drei Kabinen für Damen und einer für Herren und ohne Wickeltisch sei die Anlage, die er von der Stadt gemietet habe, eigentlich zu klein.

Bei einigen Kneipen in der Innenstadt heißt\'s gleich an der Eingangstür: "WC nur für Gäste". "Wir sind hier sehr beengt, meine Gäste müssten warten, wenn ich jeden auf das WC lasse", sagt Daniela Weinand vom Kölschen Eck, ebenso wie Claus Conrad vom Bitchen. Trotz des Schildes habe er "in der Hochsaison pro Tag 20 Leute, die fragen, und 25, die einfach durchgehen". In der größten Not ist er dann aber doch nicht so rigoros: "Ich sage zu jedem, er soll 50 Cent bezahlen."
Auf den Marktplatz gehören nach seiner Meinung Hinweisschilder zur nächsten öffentlichen Toilette. Zudem sollten die Anlagen an der Verwaltung abends länger geöffnet sein, vor allem wegen der Busse, die abends ankommen. Der gleichen Meinung ist Manfred Burkard vom Gasthaus Burkhard in der Burgstraße: "Wir sind Tourismusstadt und setzen auf Servicequalität, dazu gehören auch die Öffnungszeiten der öffentlichen Toiletten."Extra

Die "nette Toilette" hat sich bereits in mehr als 120 deutschen Städten etabliert. Das Konzept: Händler oder Gastronomen stellen Toiletten für die Öffentlichkeit bereit und erhalten dafür von der Verwaltung eine Entschädigung. Die Stadt Bremen zum Beispiel rechnet für die nette Toilette mit jährlichen Kosten von 150 000 Euro. Für vollautomatische Toilettenanlagen müsste sie dagegen 1,1 Millionen Euro zahlen. uq

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