Widerstand gegen Spritzmittel-Spione

MANDERSCHEID. "Die SPD interessiert sich nicht für die Landwirte, und die Künast kann machen, was sie will." Mit solchen Sätzen wetterte Josef Derstappen, Hauptgeschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, gegen die rot-grüne Bundesregierung. Anlass der Kritik war die Aschermittwochstagung des Kreisverbandes Bernkastel-Wittlich in Manderscheid.

Hier wurde nicht gegrölt, und es wurde auch kein Weizenbier getrunken, sondern alkoholfreie Erfrischungsgetränke oder Kaffee. Auf den Tischen standen Tabletts mit leckeren Lachs- oder Schinkenkanapees. Die Aschermittwochstagung des Bauern- und Winzerverbandes im Manderscheider Kurhaus hatte doch ein anderes Flair als die politischen Aschermittwochsveranstaltungen im fernen Bayern. Aber an deftiger Kritik gegenüber der rot-grünen Bundesregierung fehlte es auch nicht in Manderscheid. Die Politik von Gerhard Schröder und Co. sei schlichtweg "konzeptionslos", sagte Josef Derstappen, Hauptgeschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes, den rund 70Zuhörern. Als Beispiel nannte er die gestiegenen Steuersätze für Agrardiesel. Deutsche Landwirte zahlen für jeden Liter Diesel, den sie im Betrieb verbrauchen, im Durchschnitt 40 Cent. Bauern im benachbarten Frankreich zahlten aber nur 1,6 Cent pro Liter, sagte Derstappen. Ungerecht behandelt sehen sich die Bauern auch beim Thema Pflanzenschutz. Spritzmittel, die hierzulande verboten seien, dürften zum Beispiel in Italien problemlos eingesetzt werden. Alternative Spritzmittel sind oft nicht so wirkungsvoll oder teurer. Hier sehen sich die Bauern im Nachteil. Auf harsche Kritik bei den Bauern stieß das Vorhaben des Umweltbundesamtes, Landwirte beim Umgang mit Pflanzenschutzmitteln zu überprüfen (derTV berichtete). Dazu sollen Kon-trolleure unter anderem unangemeldet Bodenproben entnehmen. Derstappen sieht das Ganze als eine "Gängelung der Bauern". Er sagte: "Jeder Landwirt wirdim Umgang mit Spritzmitteln geschult, der Pflanzenschutz ist ein großer Teil der staatlichen landwirtschaftlichen Ausbildung." ManfredZelder, Kreisvorsitzender des Bauern- und Winzerverbandes, fühlt sich durch die Kontrolleure ausspioniert und sieht in dem Vorhaben einen "Affront gegenüber dem Berufsstand". "Ich gebe denen keine Auskunft, ich habe mich immer an bestehende gesetzliche Bestimmungen gehalten." Ein anderes Thema auf der Tagung waren die immer weiter sinkenden Zuschüsse des Bundes für die landwirtschaftliche Kranken- und Unfallversicherung. Damit steigen die Kosten für die Bauern. Derstappen rechnet damit, dass die Beiträge zur Krankenversicherung bis zu 15 Prozent und die Beiträge zur Unfallversicherung bis zu 40 Prozent pro Versicherten steigen.Für Unruhe sorgte die Mitteilung eines Teilnehmers, dass der Milchpreis pro Liter um zwei Cent fallen werde. Die Bauern hatten zwar mit einem leichten Abschlag gerechnet, aber mit einem solchen Einbruch hatte wohl niemand kalkuliert. Für einen Liter Milch erhalten die Bauern jetzt nur noch 27 Cent.Angesichts der schwierigen Lage der Landwirte mahnte Josef Derstappen, dass "das Hauen und Stechen" zwischen einzelnen Bauernverbänden - also die Auseinandersetzung um bessere Positionierung am Markt - ein Ende haben müsse.

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