Das Jahr der Pannen in Cattenom

Cattenom · Erneut hat es eine Panne im Kernkraftwerk Cattenom in Lothringen gegeben, offiziell die achte in diesem Jahr. Tatsächlich haben sich 2010 aber fast jeden Monat einer oder mehrere Zwischenfälle in dem Atomkraftwerk ereignet.

Es war kein gutes Jahr für das Kernkraftwerk Cattenom in Lothringen. Fast kein Monat verging ohne eine Panne in der seit 24 Jahren laufenden Anlage. Die jüngste Panne trug sich am Montag zu. Techniker hatten bei einer Routine-Kontrolle zufällig im zweiten von insgesamt vier Kraftwerksblöcken einen zu hohen Wassergehalt im Öl festgestellt, das die Kühlpumpen schmiert.

Die Pumpen kühlen die Dampfgeneratoren. Die Panne hätte zu einer Fehlfunktion der Generatoren führen können.

Laut Kraftwerksbetreiber, dem französischen Energiekonzern EDF, ist das Öl mittlerweile ausgetauscht worden. Der Zwischenfall wurde auf der siebenstufigen Skala für Störfälle mit der Stufe eins bewertet. Es habe keine Gefahr für die Umwelt bestanden, heißt es auf der Internetseite des Kraftwerkes. Genau wie bei allen anderen acht offiziell auf der Internetseite des Kraftwerks aufgeführten Zwischenfälle in diesem Jahr.

Umweltschützern wie dem Trierer Geschäftsführer der Grünen, Ewald Adams, platzt angesichts der ständigen Abwiegelung der Kragen. Immerhin wurde im April ein externer Elektroinstallateur bei Kabelarbeiten im vierten Reaktorblock radioaktiv verstrahlt.

Was den Umweltschützern noch mehr Sorge macht, ist die Zahl der durch Pannen automatisch erfolgten Abschaltungen der einzelnen Blöcke. Zu solchen "Notbremsungen" kam es im März und Mai jeweils zwei Mal, auch im April und Juni wurde die Produktion in jeweils einem Block für mehrere Tage gestoppt. Zuletzt wurde im November der zweite Block abgeschaltet. Erst Anfang Dezember ist er wieder angefahren worden. Die Bundesregierung registrierte von 2009 bis August dieses Jahres 63 meldepflichtige Zwischenfälle in Cattenom. In Berlin sieht man in den Pannen allerdings keine Störfälle, sondern "Betriebsstörungen".

Nicht nur die Umweltschützer sind zunehmend besorgt über die Anfälligkeit des Atomkraftwerks an der französischen Mosel, das 15 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt liegt. Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Margit Conrad (SPD) bezeichnete im Sommer das Kraftwerk als Sicherheitsrisiko. Im September forderten 1500 Atomgegner im Saarland die Abschaltung des Kernkraftwerks.

Auch die französische Atomaufsicht führt regelmäßig Mängel bei den Inspektionen des Kraftwerks auf und kritisiert fast immer die Sicherheitsvorkehrungen. So auch im jüngsten, vierseitigen Bericht nach einer Kontrolle am 17. November. Darin wird unter anderem kritisiert, dass der Schutz der Mitarbeiter vor Verstrahlung nicht ausreichend sei.

Cattenom soll noch mindestens 40 Jahre am Netz bleiben. EDF will in den nächsten 20 Jahren 2,4 Milliarden Euro dort investieren. "Atomkraft scheint wirklich ein ewiges Leben zu entwickeln", sagt der Trierer Grüne Ewald Adams zynisch.

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