Ein Auftrag für den Schwiegersohn in spe

Ein 180 000 Euro teurer Imagefilm zum Thema Konversion sorgt für politischen Wirbel: Der Auftrag des Innenministeriums für die Werbung ging 2006 an eine Mainzer Firma, deren Mitinhaber seit Sommer 2007 auch Schwiegersohn von Minister Karl Peter Bruch (SPD) ist.

 Karl Peter Bruch. TV-Foto: Axel Munsteiner

Karl Peter Bruch. TV-Foto: Axel Munsteiner

Mainz. Beispielhaft und emotional wollte das Innenmininisterium die neuen Chancen durch geräumte Militärliegenschaften für möglichen Investoren vermitteln. Herausgekommen ist bei dem Projekt der Imagefilm "Fliegen lernen" den die Mainzer Creativ Agentur "Quadrolux" produzierte, und der von Bruch im Sommer präsentiert wurde. Doch der Film, der laut Ministerium "die Dynamik unseres Bundeslandes und seiner Menschen auf originelle und individuelle Weise" zeigt, produziert nun ganz andere Schlagzeilen als gedacht. Mitinhaber der Firma "Quadrolux" ist Mediendesigner Marcus Stiehl, inzwischen Schwiegersohn des Ministers, wie Bruchs Sprecher auf Anfrage bestätigt. Stiehl habe bereits 2001 einen viel beachteten Imagefilm über den Flughafen Hahn produziert. Auch unter dem Vorgänger-Namen "Atelier 50" erhielt die Firma bereits Landesaufträge, so 2005 für die Ausstellung zum Tag der Deutschen Einheit in Washington, für Faltblätter und Bildschirm-Präsentationen zum Thema Konversion. Das neue Film-Projekt, das einschließlich 3300 DVD und Begleitbroschüren über einzelne Konversions-Projekte rund 180 000 Euro kostete, wurde als Auftrag nicht ausgeschrieben, weil es unter dem EU-Schwellenwert von 200 000 Euro lag, wie Bruch in der Antwort auf eine Parlamentarische Anfrage der CDU mitteilt. Die Ausgaben für den nach seiner Einschätzung hochwertigen Imagefilm seien trotz knapper Kassen berechtigt, um auch weiterhin "innovative mittelständische Unternehmen für den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz zu gewinnen". Kriterien für die freihändige Auftragsvergabe waren laut Bruch die früheren Erfahrungen der Agentur. Dass es zum damaligen Zeitpunkt eine Bekanntschaft gab, sei nicht sträflich, sagte Bruchs Sprecher. Ausschlaggebend für den Auftrag sei sie nicht gewesen. Gezählt habe ausschließlich die Qualität der früheren Arbeit des Mediendesigners. CDU-Chef Christian Baldauf hält die Angelegenheit für sehr problematisch. Sollte Bruch seinen jetzigen Schwiegersohn begünstigt haben, wäre das ein neuer Fall von SPD-Vetternwirtschaft und ein Politikum, so Baldauf.Bruch selbst sagte dem TV, er habe schon überlegt, ob die Auftragsvergabe an einen Bekannten seiner Tochter nicht für politischen Ärger sorgen könnte. Doch die Konzeptidee von Quadrolux sei so gut gewesen, dass er dieses Wagnis auf sich genommen habe. Meinung Es stinkt! Gut möglich, dass die Auftragsvergabe an die Firma von Minister Bruchs Schwiegersohn rechtlich nicht zu beanstanden ist. Geschmäckle hat sie dennoch. Schließlich ging es bei dem Auftragsvolumen nicht um "peanuts", sondern um 180 000 Euro. Viel Geld, von dem auch andere Firmen gern etwas gehabt hätten. Stattdessen bekam den Zuschlag einer aus der Familie. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Nicht das erste Mal, dass unter der roten Mainzer Alleinregierung etwas nach Günstlingswirtschaft riecht. "Stinkt" wäre wohl der bessere Begriff. r.seydewitz@volksfreund.de

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