Hebgen bringt CDU in Erklärungsnot

Hebgen und kein Ende? Für die CDU-Fraktion gerät die Aufarbeitung der Hinterlassenschaften ihres Ex-Geschäftsführers zum Alptraum auf Raten. Neuer Verdacht: Unter anderem eine aufwendige Veranstaltungsreihe der Fraktion vor dem Landtagswahlkampf könnte illegale Parteienfinanzierung sein. Schlimmstenfalls droht eine horrende Strafzahlung.

Mainz. Die Nachfragen des Landesrechnungshofs zu Ausgaben des Jahres 2005 bringen die CDU-Landtagsfraktion erneut in Erklärungsnot: Wofür genau sind unter dem früheren Fraktionschef Christoph Böhr und dem mittlerweile unter Untreue-Verdacht stehenden Ex-Geschäftsführer Markus Hebgen mehr als 380 000 Euro geflossen? Auf diese Summe addieren sich mehrere Rechnungen einer Unternehmensberatung, die Ideen beigesteuert hat, die in einer Kampagne gemündet sind.

Ein doppelter Verdacht steht im Raum. Hat die Fraktion mit dieser aufwendigen Kampagne vor der Landtagswahl 2006 - die nach einer verheerenden Niederlage zu Böhrs Rücktritt führte - die Grenze zur unerlaubten Parteienwerbung überschritten? Falls ja, drohen nach dem 2004 präzisierten Parteiengesetz Strafen in dreifacher Höhe, im schlimmsten Fall also fast 1,2 Millionen Euro. Oder: Hat das Geld mit der vermutlich von Hebgen veruntreuten Summe zu tun?

Zur Klärung kann Carsten Frigge beitragen, früherer Geschäftsführer der damals für die Fraktion tätigen Düsseldorfer Unternehmensberatung C4 Consulting. Aus dem Gedächtnis hält Frigge - vor kurzem von Hamburgs Erstem Bürgermeister Ole von Beust (CDU) zum Staatsrat (Staatssekretär) berufen - den Gesamtbetrag für plausibel. Allerdings für umfassende Beratung der Fraktion "zur Optimierung ihrer Arbeit" und nicht nur für die Ideen zu der Kampagne "Baustelle Rheinland-Pfalz" mit einer Plakatserie und sechs Podiumsdebatten. Frigge: "Wir haben nur die Fraktion beraten. Andere haben die Partei beraten."

Auf Anfrage der heutigen Fraktionsführung um Christian Baldauf ließ Frigge nochmal in die Bücher schauen: Die Rechnungsbeträge seien ordentlich auf C4-Konten eingegangen. Sämtliche Arbeitsunterlagen habe er jedoch, wie üblich, nach Projektende komplett seinen Klienten übergeben, Böhr und Hebgen.

Böhr hat sich nach einer Mitteilung der CDU-Fraktion inzwischen gegenüber dem Landesrechnungshof geäußert. Fraktionsgeschäftsführer Hans-Josef Bracht "geht davon aus, dass Böhr das Gerücht der verdeckten Parteienfinanzierung ausräumen kann".
Gebranntes Kind



Böhr ist in Sachen Parteienfinanzierung ein gebranntes Kind. Seine Image-Broschüre unter dem Titel "Nix Politik - Fußball" aus dem Jahr 1998 hatte ihm das Landesverfassungsgericht 2002 als zu wenig parlamentsbezogen um die Ohren gehauen, aber eine strafrechtliche Relevanz klar verneint. Die Fraktion zahlte ihren Kostenanteil an die Landespartei zurück, und Böhr war hartnäckige Ermittlungen wegen Untreueverdachts los.

Ob die Mainzer Staatsanwaltschaft nun erneut wegen Parteienfinanzierung prüft, ist noch nicht klar. "Wir ermitteln nach wie vor gegen Hebgen", so der Leitende Oberstaatsanwalt Klaus Puderbach.

Auffällig ist indes, dass 380 000 Euro den normalen Finanzrahmen der Fraktion weit übersteigen. Ihre offizielle Rechnungslegung weist von Januar 2005 bis Ende der Wahlperiode im Mai 2006 "nur" rund 275 000 Euro für Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit aus. Im gleichen Zeitraum schmolzen ihre Reserven von einer Viertelmillion Euro nicht nur völlig ab - die neue Fraktionsspitze fand gut 300 000 Euro Schulden vor.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort