Trier Justizminister will Schwarzfahren weniger hart bestrafen

Trier · Wer ohne Ticket geschnappt wird, kann dafür im schlimmsten Fall im Gefängnis landen. Jetzt mehren sich auch in Rheinland-Pfalz die Stimmen, die dies ändern wollen.

 Justizminister Herbert Mertin (FDP).

Justizminister Herbert Mertin (FDP).

Foto: Fredrik von Erichsen

Sollen Schwarzfahrer in Bussen und Bahnen künftig nicht mehr als Straftäter verfolgt werden? Ja, sagt der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin. Er könne sich vorstellen, dass der Straftatbestand nach einer Übergangszeit von einigen Jahren zu einer Ordnungswidrigkeit herabgestuft werde, sagte der FDP-Politiker unserer Zeitung. Ordnungswidrigkeiten werden deutlich milder geahndet als Straftaten.

Das Thema ist nicht neu, hat aber deutlich an Fahrt gewonnen, seit Grüne und Linke jeweils Gesetzentwürfe vorgelegt haben, über die im Bundestag debattiert wird. Derzeit ist es noch so, dass Schwarzfahrer, die ertappt werden, dafür hinter schwedischen Gardinen landen können. Danach ist die sogenannte Beförderungserschleichung – und darum handelt es sich beim Schwarzfahren – mit Geld- oder Gefängnisstrafe bedroht. Das sei unverhältnismäßig hart, sagen Kritiker.

Zu ihnen zählt auch der Direktor des Amtsgerichts Bernkastel-Kues, Oliver Emmer, der Bezirksvorsitzender des Richterbunds ist. „Muss es wirklich sein, dass jemand, der sein Entgelt für Bahn oder Bus nicht bezahlt hat, diese Missetat im Gefängnis verbüßen muss?“, fragt sich Emmer – und liefert die Antwort gleich hinterher: Ihm komme es eher so vor, als werde da mit Kanonen auf Spatzen geschossen.

Fachleute meinen, dass bundesweit gut drei Prozent der Fahrgäste ohne gültiges Ticket unterwegs sind. Schätzungen gingen von einem jährlichen Schaden von bis zu  300 Millionen Euro aus, sagt der Rechtsexperte des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, Thomas Hilpert-Janßen. Das Geld müsse von den ehrlichen Kunden oder der öffentlichen Hand aufgebracht werden. Der Grund, warum die Verkehrsunternehmen den Plänen kritisch gegenüberstehen. „Schwarz­fahren sollte weiter als Straftat gewertet werden“, sagt auch der Sprecher der für den Trierer Busverkehr zuständigen Stadtwerke, Carsten Grasmück. Eine Bestrafung habe abschreckende Wirkung. Von den Stadtwerken wurden im vergangenen Jahr 344 Schwarzfahrer erwischt. Die Zahl ist relativ gering, weil in der Region Trier die Busfahrer in der Regel beim Einsteigen kontrollieren, ob die Fahrgäste ein gültiges Ticket haben. Andernorts können Fahrgäste auch unkontrolliert in Busse oder U-Bahnen einsteigen.

Der Koblenzer Generalstaatsanwalt und ehemalige Trierer Leitende Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer ist denn auch dafür, die Beförderungserschleicherung nur dann zu bestrafen, wenn Eingangskontrollen umgangen worden seien. Mit anderen Worten: Wo keine ausreichende Kontrolle, da hat der Schwarzfahrer auch keine Straftat begangen. Allenfalls eine Ordnungswidrigkeit.

Als solche muss Schwarzfahren nach Meinung des rheinland-pfälzischen Justizministers Herbert Mertin auch in Zukunft bestraft werden. Ansonsten hätten Personen, die über kein pfändbares Vermögen verfügen, praktisch keinen Anreiz mehr, eine Fahrkarte zu erwerben, sagte Mertin.

Mertins Kollegin Katarina Barley (SPD) hält sich derweil in der Diskussion über die Strafbarkeit von Schwarzfahren noch auffallend zurück. Es müsse sorgfältig abgewogen werden, welche Mittel wirksam und angemessen seien, um dagegen vorzugehen, sagte die Bundesjustizministerin unserer Zeitung.

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