Lolita-Brieger-Prozess: Alles außer Mord ist verjährt

Trier · Wird das fast 30 Jahre zurückliegende Gewaltverbrechen an der schwangeren Eifelerin Lolita Brieger doch noch gesühnt? Seit Dienstag steht ihr ehemaliger Freund in Trier vor Gericht. Josef K. soll Lolita damals heimtückisch ermordet haben, glaubt der Staatsanwalt. Noch schweigt der 50-Jährige.

 Der mit Handschellen gefesselte Angeklagte Josef K. verbirgt sein Gesicht, als er am Dienstag in den Trierer Gerichtssaal geführt wird.

Der mit Handschellen gefesselte Angeklagte Josef K. verbirgt sein Gesicht, als er am Dienstag in den Trierer Gerichtssaal geführt wird.

Foto: Friedemann Vetter

Gisela Peter ist die Enttäuschung anzusehen. "Ich habe gehofft, dass er wenigstens zugibt, es damals getan zu haben", sagt sie beim Verlassen des Gerichtssaals und wischt sich eine Träne aus dem Gesicht. Fast 30 Jahre lang haben Gisela Peter, ihre Geschwister und die über 80-jährige Mutter auf diesen Augenblick gewartet.

"Die Ungewissheit war mit das Schlimmste", sagt sie rückblickend. Gisela Peter ist die älteste Schwester von Lolita Brieger, jener jungen Frau aus Frauenkron im Kreis Euskirchen, die fast drei Jahrzehnte lang verschwunden war. Lolitas sterbliche Überreste wurden erst im Herbst vergangenen Jahres auf einer ehemaligen Mülldeponie gefunden. Ein Freund des mutmaßlichen Mörders hatte den Ermittlern zuvor den entscheidenden Hinweis gegeben, nachdem er fast 30 Jahre lang geschwiegen hatte.

Auch der Angeklagte Josef K. schweigt. Seit der gelernte Landwirtschaftsmeister vor sechs Monaten von Kripobeamten der Trierer Mordkommission festgenommen wurde, hat er sich nicht zu den Vorwürfen geäußert. Dabei bleibt es auch beim gestrigen Prozessauftakt. Nur zu seinem Lebenslauf werde er sich äußern, sagt sein Anwalt Heinz Neuhaus, der gemeinsam mit einem Kollegen den Angeklagten verteidigt.

"Alles Gute für uns beide", hat Neuhaus vor Beginn des Prozesses zu seinem Gegenspieler Eric Samel gesagt und dem Staatsanwalt dabei die Hand gedrückt. Die Szenerie erinnert unweigerlich ein wenig an das "Shakehands" vor einem Boxkampf.

Eric Samel ist ein ehrgeiziger Anklagevertreter, der in schwierigen Prozessen zur Hochform aufläuft. Wie im vergangenen Jahr, als es um einen seit 2007 spurlos verschwundenen Eifeler Rentner ging. Samel erreichte, dass das Gericht einen 55-jährigen Nachbarn des Vermissten wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilte - nach einem reinen Indizienprozess, bei dem es nicht einmal eine Leiche gab.

Lolita Briegers Leiche immerhin wurde gefunden, nur wenige Hunderte Meter entfernt von dem Haus, in dem ihre Mutter heute noch lebt. "Für meine Mutter war das ganz besonders schlimm", sagt Lolitas älteste Schwester Gisela, "wie kann man einen Menschen nur auf einer Deponie abladen?!"

Staatsanwalt Eric Samel glaubt, dass Josef K. die damals 18-Jährige im November 1982 in einem abgelegenen Schuppen mit einem Eisendraht von hinten erdrosselt hat. Der seinerzeit 19-jährige Landwirt soll die von ihm im fünften Monat schwangere Frau getötet haben, weil Lolita an der Beziehung festhalten und das Kind zur Welt bringen wollte. Vor allem Josefs (inzwischen verstorbener) Vater sei aus Standesdünkel gegen das Verhältnis gewesen, sagt Samel: "Für den Vater waren die Briegers Gesindel, das nichts an den Füßen hat." Samel hat Josef K. wegen Mordes angeklagt, weil er die beiden Mordmerkmale niedrige Beweggründe und Heimtücke für erfüllt hält. Aber kann der Anklagevertreter dies dem Vater eines sechsjährigen Sohnes nach so langer Zeit auch nachweisen? "Einfach wird das nicht", meint der Staatsanwalt. Allenfalls Josef K. die Täterschaft nachzuweisen, "wird nicht so schwierig".

Was für viele Nichtjuristen wohl schwer verständlich ist: Nur wenn Josef K. am Ende des zunächst bis Anfang Mai terminierten Prozesses wegen Mordes verurteilt werden sollte, muss er ins Gefängnis. Käme das fünfköpfige Gericht zu einem anderen Ergebnis, müsste der 50-Jährige auf freien Fuß gesetzt werden, weil alle anderen möglichen Straftaten inzwischen verjährt wären.

"Ich bin froh, wenn er seine gerechte Strafe bekommt", sagt Gisela Peter, die nach eigenen Angaben immer vermutet hat, dass der Ex-Freund etwas mit dem mysteriösen Verschwinden ihrer kleinen Schwester zu tun hatte.

Der Prozess vor dem Trierer Landgericht wird am übernächsten Donnerstag mit der Vernehmung des ersten Zeugen fortgesetzt.

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