Nahverkehr Für wen lohnt sich das geplante ÖPNV-Ticket?

Trier · Der Fahrkartenkauf für Bus und Bahn ist manchmal eine Knobelaufgabe. Im Sommer war das dank der pauschalen 9-Euro-Tickets alles egal –doch die beliebten Sondertickets sind jetzt passé. Ein Nachfolger hat es aber ins Entlastungspaket der Ampel-Koalition geschafft: ein einfaches, bundesweites Ticket als Dauerangebot. Wer könnte in der Region davon profitieren?

 Was kommt nach dem 9-Euro-Ticket?

Was kommt nach dem 9-Euro-Ticket?

Foto: dpa/Christian Charisius

Wer täglich mit dem Bus von Bitburg nach Trier fahren muss, der zahlt für ein Jahresticket 172 Euro im Monat. Von Schweich nach Wittlich mit Bus und Bahn kostet die Fahrkarte 150 Euro im Monat. Und Pendler, die jeden Tag etwa von Saarburg nach Saarbrücken fahren müssen, die brauchen zwei Monatskarten, eine für den Verkehrsverbund Trier (VRT) und eine für den saarländischen Verkehrsverbund – Kosten, je nach Angebot, über 200 Euro im Monat.

Die Beispiele zeigen, dass eine Nachfolge des 9-Euro-Tickets, egal ob diese 49 oder 69 Euro kosten würde, für die meisten Vielfahrer eine deutliche Entlastung bringen würde.

Jahreskarte für ÖPNV in der Region Trier: Was kostet sie?

Die günstigste Jahreskarte in der Region kostet 59 Euro im Monat. Sie ist allerdings nur in einem sehr begrenzten Radius gültig. Will man unbegrenzt in der gesamten Region Bus und Bahn nutzen, muss man laut Tarifübersicht des VRT 246,50 Euro pro Monat für eine Jahreskarte zahlen. Insgesamt sieben verschiedene Tarifzonen gibt es innerhalb des VRT. Für Schüler und Auszubildende gibt es günstigere Monats- und Jahreskarten – sie kosten zwischen 44,50 und 185 Euro pro Monat.

Wer mit der Bahn im ganzen Land fahren will, der kann sich das sogenannte Rheinland-Pfalz-Ticket kaufen. Das kostet für eine Person 25 Euro und für fünf Personen 49 Euro. Damit kann man einen Tag unbegrenzt in Nahverkehrszügen fahren. Das lohnt sich vor allem für Ausflugsfahrten. Ein ähnliches Angebot gibt es auch als bundesweites Ticket. Mit dem Quer-durchs-Land-Ticket kann man einen Tag alle Regionalzüge in Deutschland nutzen. Es kostet 42 Euro für eine Person und 70 Euro für fünf Reisende.

Experte: 9-Euro-Ticket war „kurze Revolution“

Anders als beim 9-Euro-Ticket sind diese Angebote aber nur einen Tag gültig und nicht einen Monat lang. Doch das Ende August ausgelaufene Sonderangebot, das der Verkehrswissenschaftler Heiner Monheim als „kurze Revolution“ bezeichnet hat, war wohl dauerhaft zu teuer. Wäre das 9-Euro-Ticket verlängert worden, hätte es den Bund pro Jahr 14 Milliarden Euro gekostet. Nun sollen es 1,5 Milliarden Euro sein, und die Ampel wünscht sich von den Ländern „mindestens den gleichen Betrag“. Die Vorsitzende der Verkehrsminister, die Bremer Senatorin Maike Schaefer (Grüne), verwies auf nötige Abstimmungen, wie hoch der Anteil der Länder bei welchem Ticket sein müsste. Nächster Halt ist ein Sondertreffen mit Wissing am 19. September. Eines ließ Schaefer erkennen: „Ich persönlich halte 69 Euro als Nachfolgeticket für zu hoch, auch wenn es überregional für ganz Deutschland gelten sollte.“ Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat als Ziel ausgegeben, „spätestens zu Beginn des Jahres 2023 ein neues Ticket zu haben“. Damit dieses überhaupt kommt, sollen die Länder mit an Bord. Schon bisher ringen sie hart mit dem Bund um einen Nachschlag bei den normalen Regionalisierungsmitteln, mit denen sie Leistungen bei den Verkehrsanbietern bestellen. Regulär kommen aus Berlin in diesem Jahr schon 9,4 Milliarden Euro, dazu eine Milliarde aus einem anderen Topf. Akuter Handlungsbedarf besteht wegen gestiegener Betriebskosten bei Bussen und Bahnen. Es beginnt also das große Rechnen.

Grundsätzlich begrüßt die rheinland-pfälzische Mobilitätsministerin Katrin Eder (Grüne) dieses Ziel. Ein solches Ticket mache den ÖPNV „nicht nur durch seine einfache Nutzung und den günstigen Preis attraktiver, sondern hilft auch dem Klimaschutz“, sagt die Ministerin. Laut Eder hat der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) errechnet, dass während der drei Monate, in denen das 8-Euro-Ticket gegolten hat, 1,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart worden seien.

Klimaticket am Vorbild Österreich?

Monheim hält den Preis für ein neues Nahverkehrsticket für zweitrangig. Alles, was zu einheitlichen, bundesweiten Nahverkehrstarifen führt, sei gut, sagte er unserer Redaktion. Je niedriger der Preis, umso besser, so der Verkehrswissenschaftler. Er sieht auch die Länder in der Pflicht, ein solches Angebot finanziell zu unterstützen. Monheim schlägt ein Klimaticket nach dem Vorbild Österreichs vor. Dieses koste 1095 Euro pro Jahr und schließe auch die Nutzung des Fernverkehrs mit ein. So könnten „maximale Umsteigeeffekte vom Auto auf den öffentlichen Verkehr“ erzielt werden.

Allerdings fürchten Verkehrsunternehmen, dass durch die Finanzierung eines neuen Nahverkehrstickets nicht mehr ausreichend Geld für die Aufrechterhaltung des vorhanden Angebots da sie. Es müsse nicht nur Geld für günstigere Fahrkarten geben, sondern auch für mehr Busse und Bahnen, heißt es etwa beim VDV. Das fordert auch der Zweckverband Schienennahverkehr (SPNV) Nord in Koblenz. Verbandsvorsteher Achim Hallerbach forderte vergangene Woche „dringend und schnell mehr Geld vom Bund“ für den Ausbau des Zugangebots in der Region. Ohne Aufstockung der Mittel, auch durch das Land, reichten die „schon in 2023 nicht mehr für die bestehenden Zugleistungen“, warnte Hallerbach.

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