Rot-Grün steht zur Beitragsfreiheit

Mainz · Elternbeiträge zugunsten besser ausgestatteter Kitas, Gebühren für Schulbusse, um mehr Lehrer einzustellen: Das fordert die CDU-Landtagsfraktion. Aus dem rot-grünen Regierungslager kommt strikte Ablehnung.

Wer den Bürgern in den Geldbeutel greifen will, hat bei Wahlen meistens schlechte Karten. Die CDU fürchtet das vor den im Mai anstehenden Kommunal- und Europawahlen oder mit Blick auf die Landtagswahl 2016 offenbar nicht. Parteichefin Julia Klöckner bezeichnet die Vorstöße als mutig und präsentiert sie offensiv. Sie fühlt sich dadurch bestärkt, dass es in den eigenen Reihen Zustimmung gebe.
An die seit 2006 kostenlosen Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz haben sich die Menschen bereits gewöhnt. Warum also wieder Elternbeiträge einführen? "Weil diverse Dinge in den Kitas nicht gut laufen und das Geld für Verbesserungen sonst nirgendwo herkommen kann", sagt CDU-Bildungsreferent Gereon Geissler. Schließlich hätten sowohl das Land als auch die Kommunen hohe Schulden. Das einfachste Finanzierungsmodell für eine bessere Sprachförderung, kleinere Gruppen oder mehr und besser bezahltes Personal wäre, wenn das Land Gebühren erheben und im Gegenzug die Landeszuschüsse streichen würde. Das will die CDU aber so nicht. Sie will es den Trägern überlassen zu entscheiden, wie viel Beitrag bei einer sozialen Staffelung die Eltern letztlich zahlen und wofür die Mehreinnahmen genutzt werden.
Die Union verweist auf regionale Unterschiede, denen man so gerecht werde. Während in Ludwigshafen die Sachausstattung schlecht sei, kämpfe der Kreis Trier-Saarburg mit dem Problem fehlender Erzieherinnen, weil diese im benachbarten Luxemburg besser bezahlt würden.
In Bezug auf die weitgehend kostenlose Schülerbeförderung (abhängig von der Länge des Schulweges) setzt sich die CDU-Landtagsfraktion ebenfalls dafür ein, dass Eltern künftig für die Busse bezahlen. Das Land lasse sich diese Wohltat 31 Millionen Euro im Jahr kosten, Tendenz steigend. Mit diesem Geld könne man exakt die 700 fehlenden Lehrer an den Schulen bezahlen und dem Unterrichtsausfall begegnen, sagt die Union.
Die Landesregierung bekennt sich "in aller Deutlichkeit zur Beitragsfreiheit für Kinder ab dem zweiten Geburtstag in den öffentlich geförderten Kindertagesstätten", sagt die zuständige Ministerin Irene Alt (Grüne). Sie betont: "Es ist unser erklärtes politisches Ziel, dass alle Kinder unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern freien Zugang zu frühkindlicher Bildung haben."
Alt sieht sich bestätigt durch die im Vergleich zu den anderen westdeutschen Flächenländern "sehr hohen Betreuungsquoten in Rheinland-Pfalz". In Bezug auf die Sprachförderung sei der Personalschlüssel so bemessen, "dass eine pädagogisch hochwertige Arbeit der Fachkräfte gesichert ist". Er liege über dem Bundesdurchschnitt. Der Landesregierung sei es "wichtig, den hohen Standard zu halten".
Auch SPD-Fraktionschef Hendrik Hering hält von den CDU-Planspielen nichts. Sein Credo: "Bildung sollte für jeden zugänglich und somit auch gebührenfrei sein." Rheinland-Pfalz sei das einzige Bundesland, das jedem Kind ein Recht auf Teilhabe an gebührenfreier Bildung ermögliche, "und das von der Kita bis zur Hochschule", sagt Hering.
Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler verhehlt nicht, dass man sich ernsthaft die Frage gestellt habe, ob kostenlose Kitas und Schulbusse angesichts der angespannten Haushaltssituation des Landes möglich seien. "Das ist eine riesige Kraftanstrengung, mit der wir politische Schwerpunkte setzen", sagt Köbler. Würden Gebühren eingeführt, belaste das Familien jährlich im vierstelligen Bereich. "Im Klartext heißt das für viele: kein Sommerurlaub."Extra

Das Land investiert in diesem Jahr laut Familienministerium rund 504 Millionen Euro in den Kita-Bereich, im nächsten Jahr 521 Millionen Euro. Darin enthalten sind jeweils Mittel für Ausbaumaßnahmen, für Personalkosten und für Betriebskostenzuschüsse. Für die Einnahmeausfälle durch die Beitragsfreiheit erstattet das Land den Kitas in diesem Jahr 106 Millionen und im nächsten 108 Millionen Euro. Die Betreuungsquote lag laut Statistischem Bundesamt zum 1. März 2013 für Kinder unter drei Jahren bei 28,2 Prozent und für Kinder über drei Jahren bei 97,7 Prozent.fcg

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