Trierer Hochbunker: Am Nazi-Beton nagt der Zahn der Zeit

Trier · Triers wohl skurrilstes Baudenkmal ist Schauplatz spektakulärer Sicherungsarbeiten: Am 70 Jahre alten Hochbunker auf dem Augustinerhof wird die Drahtnetzbespannung repariert, um ein Herabstürzen abplatzender Betonteile zu verhindern.

 Reparaturarbeiten an den Sicherungsnetzen des 70 Jahre alten Luftschutz-Hochbunkers sollen verhindern, dass Betonteile 40 Meter tief auf den Augustinerhof stürzen. TV-Foto: Roland Morgen

Reparaturarbeiten an den Sicherungsnetzen des 70 Jahre alten Luftschutz-Hochbunkers sollen verhindern, dass Betonteile 40 Meter tief auf den Augustinerhof stürzen. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. Der Zahn der Zeit nagt an vielen Baudenkmälern Triers. Er macht auch vor Nazi-Beton nicht Halt. Deshalb laufen derzeit nicht nur an Porta Nigra, Kurfürstlichem Palais und Konstantin-Basilika Sicherungsarbeiten, sondern auch am Luftschutz-Hochbunker auf dem Augustinerhof. Dort wird laut Auskunft des städtischen Denkmalamtes derzeit die Drahtnetzbespannung ausgebessert. So wie bereits 1980 und 2005. Denn immer wieder platzen Betonteile vom Dachaufbau ab und könnten durch Netzlücken hindurch auf den Augustinerhof stürzen und Fußgänger und Fahrzeuge gefährden.
Die Drahtnetz-Reparateure kommen mit Hilfe einer fahrbaren High-Tech-Arbeitsbühne zum Einsatzort in rund 40 Metern Höhe. Dass der ganze Bau zumindest auf den ersten Blick nicht nach Relikt aus der Zeit des Nationalsozialismus, sondern viel älter aussieht, hat seinen triftigen Grund. Der Architekt, Baurat H. O. Vogel vom städtischen Hochbauamt plante den Luftschutz-Hochbunker nach dem Vorbild mittelalterlicher Wohntürme. Die Krönung der Tarnung: ein steiles Walmdach à la Steipe. Der Bau des Komplexes, zu dem neben dem elfstöckigen Turmbau (zwei Geschosse unterirdisch) noch ein Flachbunker gehört, begann im Herbst 1942 und blieb unvollendet. Die Maschinenanlage zur Belüftung wurde 1944 geliefert, aber nicht mehr montiert. Die Dachkonstruktion blieb ein Rohbau. Die Tarnung als historisches Gebäude hätte eh nicht funktioniert. Bei den schweren 1944er Bombardements nahmen US- und englische Bomberbesatzungen ebenso viel Rücksicht auf zivile Ziele, wie es in den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs die deutsche Luftwaffe gemacht hatte - nämlich gar keine.
Der Koloss vom Augustinerhof mit seinen zwei Meter dicken Wänden und Decken hielt allen Angriffen stand. In den letzten Kriegsmonaten waren dort die Luftschutzzentrale, die Drahtfunksprechstelle, die Leitungen von Stadtverwaltung, Feuerwehr und technischer Nothilfe sowie ein Operationsraum untergebracht. Heute dient ein Teil des Hochbunkers als Requisitenlager des Stadttheaters auf der gegenüberliegenden Augustinerhof-Seite. Die Idee aus der Nachkriegszeit, den Bunker von der Bildfläche verschwinden zu lassen, wurde angesichts der horrenden Abrisskosten schnell wieder verworfen. Seit 1999 steht er unter Denkmalschutz und gehört damit dauerhaft zum Stadtbild.

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