(cju) Ist der Druck, der auf den deutschen Schülern lastet einfach zu hoch? Sind die Lehrer zu schlecht? Oder verlangen die Eltern ihrem Nachwuchs einfach zu viel ab? Nie boomte der Nachhilfe-Markt stärker als zurzeit. Bundesweit nimmt jeder achte Schüler Förderung in Anspruch. Bis zu 1,5 Milliarden Euro lassen sich deutsche Eltern die zusätzliche Bildung ihrer Kinder im Jahr kosten. Und die private Nachhilfe ist dabei noch gar nicht eingerechnet.

In Rheinland-Pfalz nehmen 15,6 Prozent der Viertklässler Nachhilfe im Fach Deutsch in Anspruch. 16,6 Prozent der Fünfzehnjährigen werden in Mathe gefördert. 93 Euro gibt jeder rheinland-pfälzische Schüler laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung im Schnitt für die individuelle Förderung neben der Schule aus.

Warum brauchen die Schüler heute so viel zusätzliche Unterstützung? Die Eltern seien offenbar mit dem Schulsystem unzufrieden, sagt Bildungsexperte Jörg Dräger von der Bertelsmann-Stiftung.

Das Problem: Nachhilfe wird heutzutage nicht ausschließlich zum Ausgleich schlechter Leistungen genutzt. Vielmehr dient sie als begleitende Individualförderung, soll leisten, was das Schulsystem nicht zu leisten vermag. Es ist das Gesamtpaket Bildungssystem, das schwächelt, meint Hjalmar Brandt, Landesgeschäftsführer des Verbands Bildung und Erziehung Rheinland-Pfalz. Es sei nicht möglich, ein Glied in der Kette als Sündenbock herauszugreifen. Udo Küssner, Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), nimmt denn auch die Lehrer in Schutz. Der Druck der Eltern sei heute immens. Drohe das Sitzenbleiben oder stehe ein Schulwechsel an, erhöhe das den Druck noch einmal zusätzlich. Nachhilfe sei vor allem ein Phänomen bei Gymnasiasten und Realschülern. Die Vorstellungen der Eltern einer bestimmten Berufslaufbahn ihrer Kinder wirkten sich kontraproduktiv auf das Lernverhalten der Schüler aus.