Amen - Bibelroboter setzt Schlusspunkt

Trier · Der Bibelroboter vor dem Trierer Dom hat seine Arbeit beendet. Pünktlich um 12 Uhr schrieb der Roboter am Montag die finalen Buchstaben aus der Offenbarung des Johannes.

 Fünf Millionen Buchstaben, ein Kilometer Papier: Micha Flesch beobachtet, wie der Roboter die letzten Worte der Bibel schreibt. TV-Foto: Friedemann Vetter

Fünf Millionen Buchstaben, ein Kilometer Papier: Micha Flesch beobachtet, wie der Roboter die letzten Worte der Bibel schreibt. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Fünf vor zwölf auf dem eiskalten Trierer Domvorplatz. 275 Tage ist es her, dass der Bibelroboter vor der Bischofskirche seine Arbeit aufgenommen hat. "Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde", lautet der erste Satz. Jetzt, genau neun Monate später, malt die Maschine an der letzten Seite der Offenbarung. Kapitel 22, Vers 21: "Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sei mit uns allen! Amen." Ein letzter Punkt, dann erhebt sich der Roboterarm mit der Füllfederhalterspitze vom Papierband. Er dreht sich nach rechts, zuckt noch einmal kurz, und kommt zum Stillstand. Das beschriebene Papierband wird automatisch auf eine Rolle auf der anderen Seite des roten Containers gespult. Hoch oben im Dom schlägt die große Glocke zwölf Uhr. Die Trierer Bibel ist fertig.
Der Roboter hat seine Arbeit am 6. Mai 2011 begonnen. Das Projekt sollte als Einstimmung auf die Heilig-Rock-Wallfahrt vom 13. April bis zum 13. Mai 2012 in Trier dienen.
Einen Kilometer ist die Trierer Bibel lang. Oder besser: fünf Rollen à 200 Meter. Das sagt Franz-Josef Karos, einer der technischen Beauftragten des Bistums, die den Roboter in den vergangenen Monaten gehegt und gepflegt haben. Viel Arbeit hatten sie mit der Maschine nicht: "Einmal pro Tag haben wir die Feder gereinigt. Wir haben Tinte nachgefüllt und das Papier gewechselt." Den Rest erledigte der Roboter selbst.
Vor der Glasscheibe des Containers hat auch ein älteres Pärchen auf die letzten Gesten der Roboterhand gewartet. Waltraud und Albert Faust sind extra aus dem saarländischen Völklingen angereist, um zu sehen, wie die Maschine die finalen Lettern schreibt. Schon zweimal haben sie die Kunstinstallation vor dem Trierer Dom besucht. "Es ist die Verknüpfung von Technik und Tradition, die ich so toll finde", sagt Albert Faust begeistert. Seine Frau Waltraud war schon bei der Heilig-Rock-Wallfahrt 1959 nach Trier gepilgert. Auch sie mag den orangenen Bibelschreiber: "Die Idee ist einfach klasse."
"Ursprünglich sollte er bis Ende März schreiben, aber er war schneller fertig", erklärt Micha Flesch, Kulturbeauftragter des Bistums. "Er hatte wesentlich weniger Störungen als von den Künstlern erwartet."
Ein Wink Gottes? "Dem Roboter hat es in unserer Stadt offensichtlich gefallen", sagt Flesch schmunzelnd.
Ein paar Tage Urlaub


Bis Ende März wird der emsige Metallarm nun noch einmal die vier Evangelien schreiben. Aber erst bekommt er ein bisschen Urlaub. "Er macht ein paar Tage Pause und wird nachjustiert", erklärt Techniker Karos. Monatelang habe die Maschine einwandfrei geschrieben, aber jetzt, wo die Temperaturen so niedrig sind, komme sie an ihre Grenzen. "Es geht hier ja um zehntel Millimeter", sagt Karos. Micha Flesch will die Roboterbibel demnächst binden lassen. "Im Museum am Dom wird es 2013 eine Ausstellung geben, die die diesjährige Wallfahrt künstlerisch behandelt. Dort wird die Bibel dann gezeigt", erklärt er. Was danach mit dem Werk geschieht, kann Flesch noch nicht sagen. Aber eines sei sicher, sagt Flesch: "Die Bibel soll nicht weggeschlossen werden. Sie soll benutzt werden."
Video zum Thema unter volksfreund.de/videos
ab 14 Uhr

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