Eiszeit im Klassenraum

In den Klassenräumen der Martin-Grundschule herrschte tagelang ein eisiges Klima - im wörtlichen Sinn. Da bei Raumtemperaturen um 15 Grad kein Unterricht möglich war, zogen Kinder und Lehrer in die Geschwister-Scholl-Hauptschule um. Eisig ist auch der Ton zwischen Schulleitung, Elternbeirat und Verwaltung.

 Dick eingepackt: So wie auf unserem gestellten Foto hätte der Unterricht am ersten Tag nach den Weihnachtsferien aussehen können. Eltern und Lehrer werfen der Verwaltung Tatenlosigkeit vor. TV-Foto: Hans Krämer

Dick eingepackt: So wie auf unserem gestellten Foto hätte der Unterricht am ersten Tag nach den Weihnachtsferien aussehen können. Eltern und Lehrer werfen der Verwaltung Tatenlosigkeit vor. TV-Foto: Hans Krämer

Trier. Für viele der 140 Kinder der Martin-Grundschule in Trier-Nord war der erste Schultag nach den Weihnachtsferien besonders hart. 15 Grad sind für einen Frühjahrs- oder Spätsommer-Spaziergang eine schöne Grundlage, im Klassenraum herrscht bei solchen Temperaturen aber Eiszeit. Schulleiter Christian Gerteis einigte sich mit der Geschwister-Scholl-Hauptschule und lagerte den Unterricht dorthin aus. Ein Mitarbeiter des Amts für Gebäudewirtschaft kam, fand und behob einen Fehler in der Heizungsanlage. Heute sind die Räume wieder warm, die Stimmung zwischen Eltern und Schulleiter auf der einen und der Stadtverwaltung auf der anderen Seite ist aber immer noch eisig.

Denn Lehrer und Eltern sahen das Problem kommen. "Unser Gebäude kann seit Jahren keine hohen Raumtemperaturen im Winter bieten", sagt Schulleiter Gerteis. "Die Heizung ist nicht die Schwachstelle. Die Probleme beruhen auf der Dämmung und einzelnen Heizkörpern." Laut Aussage des Schulleiters stellte der Hausmeister die Heizung drei Tage vor dem Ferienende an. Am Tag vor dem Unterrichtsbeginn zeigte der Raumfühler der Heizungsanlage dennoch nur 14,3 Grad an. "Sowohl unser Hausmeister als auch ich versuchten, am Tag vor dem Schulbeginn Zuständige in der Stadtverwaltung zu erreichen." Das gelang zwar, aber: "Es war nicht möglich, das Heizungsproblem zeitnah zu beheben." Der Mitarbeiter des Amts für Gebäudewirtschaft sei erst einen Tag später gekommen - als die Kinder kalte Klassen vorfanden.

Für Stephan Westermann, der für den Schulelternbeirat spricht, ist dieser "katastrophale Umstand" nicht neu. "Er tritt alle Jahre wieder nach den Weihnachtsferien auf", betont Westermann. "Immer wieder haben Eltern Briefe geschickt, Telefonate geführt und Verbesserungen eingefordert. Leider ohne den geringsten Erfolg." Westermann fordert die Stadtverwaltung auf, das Problem endgültig zu beheben. "Solche Rahmenbedingungen unterbieten soziale Mindeststandards und gefährden die Gesundheit der Kinder und Lehrer."

Das Trierer Presseamt begründet die Eiszeit mit einer Störung der Heizungsanlage. Pressesprecher Ralf Frühauf: "Ein Mitarbeiter des Amts für Gebäudewirtschaft hat den Fehler beheben können. Die Temperaturen am Tag des Schulstarts stellen keineswegs den Normalzustand dar." Die vom Schulelternbeirat erhobenen Vorwürfe der Tatenlosigkeit weist die Verwaltung zurück. 2008 habe die Stadt Energiesparmaßnahmen durchgeführt und "bezogen auf die gesamte Fensterfläche eine energetische Verbesserung von elf Prozent erreicht".

Meinung

Eine Sechs für die Verwaltung

Man kann an Stammtischen und in Ratssitzungen so lange über den enormen Sanierungsbedarf der Trierer Schulen reden, wie man will - 15 Grad in einer Grundschule sind vollkommen inakzeptabel. Die Stadtverwaltung erfüllt in dieser Geschichte zu 100 Prozent das Klischee der uninteressierten und trägen Behörde, die alle Warnungen im Vorfeld und die Beschwerden früherer Jahre offenbar ignoriert hat, dann im akuten Fall einen Tag zu spät eingreift und hinterher alle Schuld von sich schiebt. Auch das ist inakzeptabel. Wenn besorgte Eltern Angst um die Gesundheit ihrer Kinder haben, sollte eine schnelle, konsequente und vor allem nachhaltige Lösung selbstverständlich sein. Vor allem, wenn sie wie in diesem Fall problemlos und ohne Millionen-Kredit möglich gewesen wäre. OB Klaus Jensen selbst muss klären, warum Eltern und Lehrer über Jahre hinweg um Hilfe rufen, aber keine Reaktion erfahren. j.pistorius@volksfreund.de

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