Gratisticket für Bus und Bahn: Eltern finden Fahrtkosten-Regelung ungerecht

Trier · Seit 2012 erhalten Schüler in Rheinland-Pfalz bis einschließlich der zehnten Klasse ein Gratisticket für Busse und Bahnen - wenn die Schule weit genug von ihrem Zuhause entfernt liegt. Die Schülerbeförderung kommt Trier teuer zu stehen. Die Stadt sieht Korrekturbedarf - ebenso wie viele Eltern, deren Kinder nicht in den Genuss der Förderung kommen.

Trier. Den Leiningers fehlt nur ein kurzes Stück, rund 100 Meter, nicht viel mehr. In der Straße In den Särken wohnt die Familie, die beiden Söhne besuchen das Friedrich-Wilhelm-, die Tochter das Angela-Merici-Gymnasium. Alle Kinder müssen von Euren auf die andere Moselseite, entlang der Luxemburger Straße, über die Konrad-Adenauer-Brücke und durch Trier-Süd.Zwei Straßen weiter


Weil die Schulwege fußläufig keine vier Kilometer lang sind, tragen die Leiningers die vollen Kosten für alle drei Tickets: etwa 180 Euro im Monat. Es gibt Eltern, deren Kinder steigen an derselben Bushaltestelle ein und zahlen nichts - weil sie zwei Straßen weiter wohnen.
Ein Extrembeispiel, doch kein Einzelfall. Während viele Schüler von Gratistickets für Busse und Bahnen profitieren, schauen andere in die Röhre. Formal scheint die Regelung (siehe Extra) klar, in der Praxis birgt sie Konfliktstoff. Schon an der Frage, ob ein Schulweg gefährlich ist, scheiden sich bisweilen die Geister.

Hinzu kommt: Viele Kommunen kommt die Schülerbeförderung teuer zu stehen. Denn nach wie vor gilt das Schulsitzprinzip, weshalb Trier für rund 2500 Schüler aus dem Umland zahlen muss, weil diese Schulen der Moselstadt besuchen.

Die Gesamtzahl der Schüler, für welche die Stadt Kosten übernimmt, liegt bei rund 5500. Als das Land den Eigenanteil für die Sekundarstufe I abschaffte, sorgte dies im städtischen Haushalt für Mindereinnahmen von etwa einer halben Million Euro. Zwar wurde im Gegenzug die Landeszuwendung angehoben, doch deckte diese Erhöhung nach Darstellung der Verwaltung nur 45 Prozent des Einnahmeausfalls.Immer wieder Kritik


2014 verringerte sich das Defizit bei den gesamten Schülerbeförderungskosten dank einer Änderung des Landesfinanzausgleichgesetzes, lag laut Rathaus aber noch immer bei etwa einer Million Euro. Und zwei Drittel der Kosten entfielen auf Schüler aus den Landkreisen.

Unabhängig von den Folgen für die Stadtkasse gibt es immer wieder Kritik an der Regelung. Auch von Eltern, deren Kinder nicht von den Gratisfahrscheinen profitieren. Eine Mutter berichtet dem TV, dass ihr Sohn mit dem Fahrrad zur Schule fahre. Das sei auch in Ordnung, doch mehrmals in der Woche müsse der Junge zum deutlich weiter entfernten Training und müsse sich Einzelfahrscheine kaufen.

Da komme einiges an Fahrtkosten zusammen, welche anderen Eltern erspart blieben. Das kostenfreie Schülerticket gilt schließlich auch in der Freizeit und in den Ferien.
Ginge es nach Andrea Leininger, würde die geltende Regelung geändert: "Ich fände es gerechter, wenn die Schülertickets weniger kosteten und nicht die einen gar nichts zahlen und die anderen viel. Es ist nicht logisch, dass diejenigen, die sich die nächst gelegene Schule ausgesucht haben, zahlen müssen, und die, die weit weg wohnen, belohnt werden." Auch einen Geschwisterrabatt wünscht sich die Eurenerin: "Dann würden Familien mit mehreren Kindern wenigstens etwas entlastet."

Nicht nur betroffene Eltern kritisieren diese Regelung. Auch die Stadtverwaltung Trier sieht Korrekturbedarf: "Statt dem Schulsitz- wäre das Wohnortprinzip wünschenswert", heißt es auf Anfrage aus dem Rathaus. Darüber hinaus sei die Regelung der Kilometergrenzen "nicht mehr zeitgemäß und müsste angepasst werden." Die im Schulgesetz festgelegten Entfernungsgrenzen sind seit dem Jahr 1974 nicht mehr verändert worden.

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