Mit nassem Lappen gegen die Kunst

Trier · Frisch bemalt - und gleich drübergewischt. Das ist kürzlich einem Klavierkunstwerk in Trier passiert. Die Geschichte erinnert ein bisschen an die "Fettecke" des deutschen Künstlers Josef Beuys - nur, dass sie ein besseres Ende hat.

 Da war es noch schön bunt – dann kam die Reinigungkraft. Künstler und Kunsterzieher Stefan Philipps (rechts) mit dem bemalten Klavier der Kinder-Kulturstiftung. Foto: privat

Da war es noch schön bunt – dann kam die Reinigungkraft. Künstler und Kunsterzieher Stefan Philipps (rechts) mit dem bemalten Klavier der Kinder-Kulturstiftung. Foto: privat

Trier. Mit dem Kinder-Kultur-Klavier zeichnet die Kulturstiftung Trier in diesem Jahr schon zum vierten Mal Schulen aus, die in vielfältiger Weise Musik und musikalische Projekte in das schulische Angebot integrieren. Das Klavier bekommt die Schule überreicht, die das überzeugendste Konzept einreicht. Es soll künftig das musikalische Angebot für die Schüler ergänzen. Sponsor des Klaviers ist von Anfang an Georg Kern vom Musikhaus Reisser. Dort selbst stand vergangene Woche bei Trier spielt denn auch das Klavier, und während des ganzen Tages konnten die Trier-spielt-Besucher mitverfolgen, wie aus einem Klavierrohling ein Kunstwerk wurde. Künstler und Kunstpädagoge Stefan Philipps bemalte das Klavier mit sieben Kunstschülern des Friedrich-Spee-Gymnasiums - nach einem genau festgelegten Konzept, das die Schüler im Vorfeld erarbeitet hatten. 18 Musiker aus fünf Jahrhunderten von Bach über Beethoven bis zu den Beatles stehen darauf symbolisch für die Vielfalt der Musik.
Nicht ganz zum künstlerischen Konzept gehörte freilich das, was am Abend mit dem Klavier geschah. Es wurde in den Laden geräumt, gleich hinter die Ladentüre, damit die Kunden es am Sonntag noch durch die Schaufenster bewundern konnten. Dann kam eine Reinigungskraft - und rückte dem aus ihrer Sicht wohl zu verstaubten Klavier mit Reinigungsmitteln zu Leibe - und verwischte die kunstvoll aufgetragenen Farben, die noch nicht trocken waren.
Mit dem Lappen gegen die Kunst - wers hört, fühlt sich sogleich an den Künstler Josef Beuys erinnert. Dessen Kunstwerk "Fettecke" wurde nach seinem Ableben 1986 aus Versehen weggeputzt. Weil es aus Schmalz bestand, war es auch nicht mehr wiederherzustellen. So schlimm erging es dem Trierer Klavier glücklicherweise nicht: Stefan Philipps und seine Schüler nahmen die Akion mit Humor, haben die Farbverwischung schon wieder behoben und dabei auch gleich noch das letzte Musikerporträt fertiggestellt. Und auch Georg Kern ist der eifrigen Reinigungskraft nicht böse, sondern schmunzelt über die ganze Sache. Hiltrud Zock ist derweil auf der Suche nach einem weiteren Sponsor fürs Lackieren des Klaviers mit einem fixierenden Klarlack. "Damit", sagt die Sprecherin der Kulturstiftung schmunzelnd, "das Kunstwerk künftig allen Reinigungsversuchen und Hunderten musikbegeisterter Kinderhände standhalten kann."mic

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