Neue alte Attraktion im Stadtmuseum Simeonstift

Einen seiner größten Schätze hat das Stadtmuseum Simeonstift früher unter Wert präsentiert. Erst nach der frisch abgeschlossenen aufwendigen Restaurierung wird klar, wie der koptische Kopfschmuck, den eine vornehme christliche Ägypterin vor 1500 Jahren trug, tatsächlich ausgesehen und gewirkt hat.

 Ralf Schmitt und Tina Philipps bringen den von ihnen aufwendig restaurierten koptischen Kopfschmuck zurück in die Ausstellung des Stadtmuseums. TV-Foto: Roland Morgen

Ralf Schmitt und Tina Philipps bringen den von ihnen aufwendig restaurierten koptischen Kopfschmuck zurück in die Ausstellung des Stadtmuseums. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. Eine eher schlichte Makramee-Arbeit auf eine flache Platte aufgezogen - so, wie das Trierer Stadtmuseum Simeonstift den koptischen Kopfschmuck früher präsentierte, konnte kaum jemand dessen außerordentliche kunsthistorische Bedeutung erkennen. Jetzt schon. Nach aufwendiger Restaurierung, die 650 Arbeitsstunden und 20 000 Euro gekostet hat, wird deutlich, dass es sich um einen großen Schatz handelt. Das filigrane Textil aus Leinenfäden, die feiner sind als menschliches Haar, stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem 6. Jahrhundert und diente als Haube mit langen Schal-Teilen einer vornehmen Angehörigen der Kopten (frühchristliche Ägypter) als Kopfschmuck. Die Dame wurde sogar mit dem guten Stück im Wüstensand beerdigt. Im späten 19. Jahrhundert fiel die Leinenhaube als Grabfund dem Aachener Kunsthistoriker Franz Bock in die Hände, der sie mit anderen Koptentextilien der Stadt Trier zum Kauf anbot. Weil die Stadt schon damals klamm war, sprang der Kaufmann und Kommunalpolitiker Wilhelm Joseph Rautenstrauch (1862-1947) ein und erwarb die Sammlung für das städtische Museum.

Dort sollte sie historischen Studien dienen. Rautenstrauch sah in den Textilien Zeugnisse für die frühe Geschichte seiner Heimatstadt. Er ging, wie er 1931 an den damaligen Bürgermeister Oster schrieb, "von der Annahme aus, dass die Römer in ihrem weiten Reich durchweg die gleiche Kleidung getragen haben dürften und dass deshalb diese koptischen Gewänder einen Anhalt dafür bieten dürften, welche Stoffe und Kleidungsstücke in den entsprechenden Perioden auch in Trier Mode waren".

Diese Annahme ist längst überholt. Als in Ägypten die kostbare Leinenhaube entstand, war Trier schon mehrfach von Germanenstämmen zerstört worden und die römische Oberschicht samt Kaiserhof längst in vermeintlich sicherere südliche Imperiumsgefilde gezogen.

Gestern Nachmittag kehrte das von Textilrestauratorin Tina Philipps und Diplom-Designer Ralf Schmitt restaurierte Stück in die Dauerausstellung des Museums zurück. Auf einer von Diplom-Restaurator Dimitri Bartashevich geschaffenen Büste wird die hochkarätige Rarität nun angemessen und würdig präsentiert: Weltweit ist nur noch ein weiteres Exemplar bekannt, zu bestaunen im Ägyptischen Nationalmuseum in Kairo.

Über die Restaurierung berichtet Ralf Schmitt in einem Vortrag am Sonntag, 15. August, 11.30 Uhr, im Stadtmuseum Simeonstift.

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