Prügeln für die Handy-Kamera

Drei Tage lang haben sich in der Katholischen Akademie in Trier 70 Experten aus ganz Deutschland mit "Perspektiven für eine gewaltfreie Schule" auseinandergesetzt. Bei der Tagung hat unter anderem die Trierer Wissenschaftlerin Judith Hilgers die Ergebisse ihrer Studie zum "Happy Slapping" vorgestellt.

Trier. (dpa/cmk) Jugendliche, die eine angezettelte Prügelei per Handy filmen und dann ins Internet stellen, sind sich einer Studie zufolge meist über die Schwere ihrer Tat im Klaren: "Sie wissen sehr wohl, dass sie strafrechtlich belangt werden können", sagte die Trierer Soziologin Judith Hilgers. Dies habe eine Befragung von 30 Jugendlichen in der Region Trier ergeben, die sich in irgendeiner Form bereits am sogenannten "Happy Slapping" beteiligt haben. "Das war das überraschendste Ergebnis der zweijährigen Studie", sagte Hilgers, die das Projekt der Arbeitsgemeinschaft sozialwissenschaftliche Forschung und Weiterbildung (ASW) an der Universität Trier geleitet hat.

Die Täter wissen, was sie tun



Bisher sei man davon ausgegangen, dass den Jugendlichen das strafrechtliche Ausmaß ihrer Tat nicht bewusst sei. Die Ergebnisse der nach Angaben von Hilgers bundesweit ersten Studie hat sie an der Katholischen Akademie bei der Tagung "Perspektiven für eine gewaltfreie Schule? Projekte und Konzepte" vorgestellt. Beim "Happy Slapping" (englisch: "fröhliches Schlagen") werden unbekannte Passanten oder Mitschüler vor laufender Kamera verprügelt. Die Aufnahmen werden anschließend im Internet veröffentlicht oder per Handy verbreitet.

Dass den Tätern bewusst sei, dass sie sich strafbar machten, zeige sich an ihren Vertuschungsmethoden. Meist hätten sie zwei Handys in der Tasche, sagte Hilgers. Wenn sie kontrolliert würden, zeigten sie das "saubere Alibi-Handy", erklärte die Projektleiterin. Zudem werde das Bildmaterial meistens so bearbeitet, dass Gesichter nicht zu sehen seien. Auch ein geschicktes Abspeichern des Clips auf dem Handy könne verhindern, dass Lehrer oder Eltern den Film finden würden.

Die "Schläger" und "Filmer" stammten keineswegs aus typischen "Problemfamilien". Es seien auch Jugendliche aus Familien dabei, "bei denen man es auf den ersten Blick nicht vermuten würde", berichtete Hilgers. Es gebe drei Motive für "Happy Slapping": Die Jugendlichen wollten "außeralltägliche Action" erleben, sich bei Gleichaltrigen Anerkennung verschaffen oder ihre "Gewalt-Kompetenzen" checken.

Ob diese Form der Jugendkriminalität weiter zunehmen werde, konnte die Soziologin nicht sagen. Bei den Jugendlichen, bei denen Gewalt immer schon eine Rolle gespielt habe, arte dies nun in dieser Form aus.

Ein Handy-Verbot löst ihrer Ansicht das Problem nicht. Stattdessen sollten Lehrer und Eltern für das Thema stärker sensibilisiert und "fit" für Handy und Internet gemacht werden.

Die Tagung "Perspektiven für eine gewaltfreie Schule? Projekte und Konzepte" wird vom 13. bis zum 15. Mai an der Katholischen Akademie wiederholt.

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