Spielregeln der Demokratie

Die Spielregeln der Demokratie sind relativ einfach. Will ein Oberbürgermeister im Stadtrat einen Beschluss herbeiführen, muss er hierfür eine Mehrheit haben. Dem Trierer Stadtrat gehören neben dem Oberbürgermeister 52 Ratsmitglieder an (CDU 21, SPD 11, Grüne 9, UBM 8, FDP 3). Da das Stimmrecht des Oberbürgermeister ruht, wären 27 Stimmen bei der Wahl einer Baudezernentin eine sichere Mehrheit.

Mit dieser Situation musste OB Helmut Schröer jahrelang leben, denn seine CDU-Fraktion hatte zuletzt nur 21 Mitglieder. Kompromisse mit anderen Fraktionen waren notwendig und an der Tagesordnung. Wenn der künftige OB Jensen nun meint, CDU und UBM seinen nicht bereit, "dem Wählerwillen zu folgen, der sich im OB-Wahlergebnis ausgedrückt hat", dann scheint er etwas durcheinander zu bringen. Sinn und Zweck der OB-Wahl war es, einen neuen Oberbürgermeister zu wählen. Das ist geschehen, und zwar mit einem eindeutigen Votum für Herrn Jensen. Aber die Frage sei erlaubt, was dieses Ergebnis für Auswirkungen auf die Sitzverteilung im Stadtrat haben soll. Das Ergebnis der OB-Wahl kennt keinerlei Einfluss auf die gewählten Stadtratsmitglieder. Jedes der 52 Ratsmitglieder kann sich genau wie Herr Jensen darauf berufen, sein Mandat vom Wähler erhalten zu haben und dabei bleibt es bis zur nächsten Wahl. Zweifellos hat die von Herrn Jensen für seine Person proklamierte "Unabhängigkeit" als Bewerber für das Amt des Oberbürgermeisters zu seinem guten Wahlergebnis beigetragen, zumal er von Anfang an in dieser Frage massiv und einseitig vom Trierischen Volksfreund unterstützt wurde. Es ist Herrn Jensen nicht vorzuwerfen, Mitglied der SPD zu sein. Aber bestimmt hat das irreführende Etikett "Unabhängiger Bewerber" manche Wähler dazu bewogen, ihn zu wählen, was ja auch beabsichtigt war. Böse Menschen könnten das auch "Etikettenschwindel" nennen. Konrad Reichert, Trier

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