Urbanes Flair in gesperrter Straße

Trier · Essen, Trinken, Spielen, Tanzen: In der Karl-Marx- und Brückenstraße wurde am Samstag ein Fest gefeiert, bei dem das vor einem halben Jahr ausgerufene „Karl-Marx-Viertel“ seinen ganzen Charmen spielen lassen konnte. Vor allem, weil in den Straßenzug drei Stunden lang nur Fußgänger rein kamen. Und Hochräder.

Urbanes Flair in gesperrter Straße
Foto: Frank Göbel

Am frühen Samstagabend sitzt Brigitte Biertz an einer Bierzelt-Garnitur in der Brückenstraße - und ist platt. Aber glücklich. Beide Zustände sind verständlich: Zusammen mit ihren Mitstreitern im „Karl-Marx-Viertel“ hat Biertz soeben das erste Straßenfest seit mehreren Jahrzehnten in der Karl-Marx- und Brückenstraße veranstaltet. Besucherzustrom und Stimmung seien ausgezeichnet gewesen. "Das war ganz toll, noch viel besser als erwartet", schwärmt Biertz. Denn trotz aller sorgfältigen Planung habe es auch noch die Spontanität gegeben, die eine richtig gute Party ausmacht: So hätten sich etwa Georg Konder und sein Team noch bereit erklärt, mit ihren historischen Hochrädern durch die Straßen zu fahren, was einem sowieso strahlenden Fest noch ein weiteres Glanzlicht verlieh. Dass die altertümlichen Gefährte überhaupt Rollen und Aberhunderte Menschen das Viertel entdecken konnten und Brigitte Biertz an einem Biertisch in der Sonne sitzen durfte - ermöglicht wurde das überhaupt erst durch die Sperrung der Straßen: Drei Stunden lang waren sie tabu für Privatautos und Stadtbusse. Chaos jeder Form scheint dennoch ausgeblieben zu sein, obwohl ja auch ansonsten nicht gerade wenig los war an diesem Samstag.

So konnte also ein ganz neues Lebensgefühl entdeckt werden, irgendwo zwischen urban-lässig und mediterran-pittoresk: Viele der meist inhabergeführten Geschäfte präsentierten sich mit besonderen Aktionen, alle paar Meter lockten Kalorien und Promille. Und die eher schmalen Bürgersteige, auf die die Händler normalerweise keinen Klappstuhl stellen können, ohne vom Ordnungsamt gedeckelt zu werden, durften endlich nach Herzenslust genutzt werden: Zum Sitzen und Klönen, zum Spielen und Tanzen.

Und damit im Zweifelsfall nicht nur Wein und Bier zu Kopf steigen, gab es auch noch Futter fürs Gehirn in Form von Lesungen in der Buchhandlung oder Führungen, veranstaltet vom Karl-Marx-Museum. Außerdem kamen die Ensembles des Stadttheaters von dessen eigener Party mehrfach vorbei: In Gestalt des Operettenchors, aber auch mit einer kurzen, aber hinreißenden Tanzperformance von Juliane Hlawati und Robert Seipelt.

Als nach drei Stunden die Sperrung um 17 Uhr wieder aufgehoben wurde, war dann auch die einhellige Meinung: Schade, schon vorbei. Und: Wäre das doch nur öfter so. Besucher Frank Ritz gefiel die lockere, urbane Atmosphäre jedenfalls sehr. Er findet es schade, "dass hier immer so viel und streng reglementiert wird. Aus anderen Städten kennt man das, dass das Leben viel mehr draußen stattfindet und die Händler bei schönem Wetter halt mal schnell ein paar Stühle und Tische raus stellen." Hardi Waibel hatte mit Töchterchen Matilda viel Spaß. "Wir sind extra aus Trier-Nord hierhin gekommen. Zwischendurch sind wir dann noch zum Viezfest auf den Domfreihof, aber wieder ins Karl-Marx-Viertel zurückgekehrt: Hier war es viel cooler!"v

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