Vorbild Aach: Dorfgemeinschaft gegründet

Aach/Föhren/Gusterath · Ob in Föhren, Gusterath, Trierweiler oder Langsur - generationsübergreifende Projekte wie Tauschbörsen und Fahrdienste schießen wie Pilze aus dem Boden. Am weitesten fortgeschritten ist der Aufbau eines sozialen Netzwerks in Aach. Ein Bürgerverein, die "Aacher Dorfgemeinschaft, soll das Projekt steuern.

 Jung und Alt treffen sich am Brunnenplatz in Aach. Gesprächsthema Nummer eins ist der neue Bürgerverein im Ort. TV-Foto: Albert Follmann

Jung und Alt treffen sich am Brunnenplatz in Aach. Gesprächsthema Nummer eins ist der neue Bürgerverein im Ort. TV-Foto: Albert Follmann

Aach/Föhren/Gusterath. Ganz still und unspektakulär ging vor wenigen Tagen die Gründung des Vereins "Aacher Dorfgemeinschaft" über die Bühne. Es ist der erste Bürgerverein dieser Art in einer Gemeinde der Region. Am Mittwoch, 18. Mai, 19.30 Uhr, wird das neue "Baby" des Ortes in der Gemeindehalle den Bürgern offiziell vorgestellt. Viele Gäste, darunter Landrat Günther Schartz, haben ihr Kommen zugesagt. Der große Bahnhof kommt nicht von ungefähr, schließlich ist Aach Vorreiter für viele andere Gemeinden, die dem drohenden demografischen Wandel durch generationsübergreifende Projekte die Stirn bieten wollen.
Angebote für Körper und Geist


Wie mehrfach berichtet, möchte die 1000-Einwohner-Gemeinde das soziale Miteinander im Ort fördern. Jung und Alt, so die Vorstellung, sollen voneinander profitieren, indem jeder seine Stärken einbringt. "Den Generationenvertrag beleben", nennt das der frischgebackene Vorsitzende der Aacher Dorfgemeinschaft, Hartmut Schmall. Er kommt aus der Gesundheitsbranche und ist Ehrenpräsident der Landesapothekerkammer (siehe Extra).
Dank der ehrenamtlichen Mithilfe möglichst vieler Bürger soll in dem Eifelort ein soziales Netzwerk entstehen mit einem Dorfcafé als Treffpunkt und Schaltzentrale. Räume in der Dorfmitte wurden bereits angemietet. Hier sollen beispielsweise Jugendliche Älteren den Umgang mit dem Computer beibringen. Oder Rentner mit Zeit sollen hier jungen Familien ihre Dienste als Babysitter oder bei Hausaufgaben anbieten. Als Gegenleistung könnten diese für die Senioren Fahrten zum Arzt übernehmen, einkaufen gehen oder den Rasen mähen. "Die Älteren brauchen Hilfe bei der Mobilität und der Pflege", sagt Vorsitzender Schmall. Wir müssen Angebote für die körperliche und geistige Fitness machen." Dabei soll professionellen Anbietern keine Konkurrenz gemacht werden.
"Bitte machen Sie mit, es geht uns alle an", appelliert der Aacher Ortsbürgermeister Ralf Kierspel an seine Landsleute. Etwa 30 Bürger waren am Dienstagabend zu einem Treffen in die Familienstube gekommen, um die Themen der Zukunftskonferenz vom Herbst letzten Jahres im Haus auf dem Wehrborn aufzugreifen. Hier hatten Arbeitskreise Ideen und Ziele zu den Bereichen Wohnen, Versorgung, Ehrenamt und Miteinander, Dorftreff (Dorfcafé) und Mobilität formuliert (der TV berichtete).
Aktionen in anderen Gemeinden


Auch in anderen Gemeinden gibt es Bürgeraktivitäten oder Dorfmoderationen, die im weiteren Sinne alle ein Ziel verfolgen: Wie können wir dem demografischen Wandel begegnen? Was können wir tun, damit die Schnittmenge von Jung und Alt in unserer Gesellschaft möglichst groß bleibt? So ist in Gusterath nach Mitteilung von Ortsbürgermeister Alfred Bläser die Zeitbörse sehr gut angelaufen, in Föhren sind eine "Kleinkunstbühne 50 plus" und Betreuungs-Nachmittage für Demenzkranke als Entlastung für pflegende Angehörige in der Planung (siehe Extra).
Lässt man den Dingen ihren Lauf, das zeigt die Bevölkerungsprognose, drohen viele Dörfer zu Altersheimen zu werden. Im Wettbewerb um junge Familien werden attraktive Wohnstandorte mit einer intakten, lebendigen Gesellschaftsstruktur die besten Chancen haben. Aach und andere Gemeinden haben die Zeichen der Zeit erkannt

Zur Person: Hartmut Schmall

Dr. Hartmut Schmall, 69, lebt in Aach, ist verheiratet und hat eine Tochter. Der Apotheker ist seit zwei Jahren im Ruhestand, vorher betrieb er eine Apotheke am Trierer Hauptmarkt. Hartmut Schmall wurde 1991 Präsident des Landesapothekerverbandes Rheinland-Pfalz, deren Ehrenvorsitzender er heute ist. Bis zum Jahr 2000 stand er der Bundesapothekerkammer vor. alf
Extra: Was Föhren und Gusterath planen

Föhren: In der Meulenwaldgemeinde initiiert die Arbeitsgruppe (AG) "Freizeit" Treffen, an denen die Bürger gemeinsam Volkslieder singen. Die Gründung einer Kleinkunstbühne "50 plus", wo die Akteure unter Anleitung einer Logopädin als Gedächtnisschulung Texte lernen, ist in Vorbereitung. Die AG "Mobilität" baut einen Fahrdienst auf. Langfristig, berichtet Lorenz Müller vom Steuerungskreis, will die AG "Gesundheit" Nachmittagsgruppen für Demenzkranke anbieten, um pflegende Familienmitglieder zu entlasten. Ehrenamtliche Helfer sollen geschult werden. Man stehe deshalb in Kontakt mit Pflegediensten, so Müller.

Gusterath: Fast 30 Personen stehen über Telefon- oder E-Mail-Kette in Verbindung, um sich für Fahrdienste zu verabreden. Ob Arztbesuche, Einkäufe oder das Ausfüllen von Formularen: Die Zeitbörse soll nach und nach ausgebaut werden, sagt Ortsbürgermeister Alfred Bläser. alf
Umfrage


Sarah Koch (25) aus Aach: "Ich halte den neu gegründeten Bürgerverein für eine gute Sache. Es gibt sicherlich einen Bedarf dafür, dass Jung und Alt sich gegenseitig ergänzen und Dienste anbieten." Josef Roller (84) aus Aach: "Ich befürchte, dass der neue Verein eine Konkurrenz für die bestehende ‚Frohe Runde\' werden könnte. Diejenigen, die sich dort engagieren, könnten womöglich abwandern. Agnes Krein (79) aus Aach: "Jung und Alt sollten mehr zusammen unternehmen. Das hat sich ja der Verein zum Ziel gesetzt. Davon kann ein Dorf wie Aach nur profitieren." (alf)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort