Vorsicht, Sie werden gefilmt!

Trier · Die Polizei will während der Heilig-Rock-Wallfahrt Videokameras in der Innenstadt installieren. Der Landesdatenschutzbeauftragte Edgar Wagner wird diese Anlagen vor Ort überprüfen, sein Urteil hat großes Gewicht. Der Chaos Computer Club und die Piratenpartei kritisieren die Kameras scharf.

Trier. "Videoüberwachungen sind grundsätzlich problematisch, in Einzelfällen aber notwendig." Edgar Wagner, seit April 2007 Landesbeauftragter für den Datenschutz in Rheinland-Pfalz, wird die Entscheidung stark beeinflussen, ob die Polizei während der Wallfahrt vom 13. April bis zum 13. Mai Kameras am Domfreihof, in der Sternstraße, am Hauptmarkt und beim Palastgarten einsetzen kann (der TV berichtete). "Das Sicherheitskonzept liegt mir vor", sagt Wagner. "Sobald die Anlagen installiert sind, werden wir uns die Lage vor Ort ansehen und dann entscheiden." Dieser Termin soll noch vor Ostern stattfinden. Das Wort des Datenschutzbeauftragten sei kein Gesetz, "aber unsere Anregungen werden umgesetzt".
Im Notfall heranzoomen


Wagner geht auf die Pläne der Polizei ein: "Grundsätzlich sieht das Konzept vor, nur Übersichtsaufnahmen zu machen, auf denen keine Gesichter zu erkennen sind." Sollte es aber zu "Auffälligkeiten" kommen, können die Kameras das Geschehen auch nahe heranholen. "Das werden wir uns ansehen", sagt Wagner. "Außerdem klären wir, was mit den aufgezeichneten Daten geschieht, ob und wie sie gespeichert und weiterverwertet werden."
"Die Wallfahrt soll von einer Atmosphäre der Freizügigkeit und Transparenz getragen werden", sagt Monika Peters, Sprecherin des Polizeipräsidiums Trier. "Deshalb können wir versichern, dass die Wallfahrer polizeilicherseits keinen Einschränkungen unterliegen werden." Das Bistum macht sich keine Sorgen. "Wir sind sicher, dass die Polizei angemessen und verantwortungsvoll vorgeht", sagt Pressesprecher Stephan Kronenburg.
"Wenn die Einsatzplanung von einem friedlichen Fest ausgeht, stellt sich die Frage, warum Persönlichkeitsrechte derart eingeschränkt werden sollen", sagt Petra Ocksendorf, Pressesprecherin des Chaos Computer Clubs Trier. Die Ausübung des Glaubens sei eine intime Angelegenheit, so Christian Hauptmann, Vorsitzender der Piratenpartei Trier. "Pilger sollten während der Wallfahrt nicht weltlich überwacht werden."
Liebe Leserinnen und Leser, was halten Sie von der Videoüberwachung während der Heilig-Rock-Wallfahrt? Mailen Sie uns Ihre Meinung in Kürze an echo@volksfreund.de. Namen und Anschrift nicht vergessen.
Meinung

Contra: Schatten auf dem KirchenfestVon Jörg Pistorius

Wenn du dich anständig verhältst, hast du auch vor einer Videoüberwachung nichts zu befürchten: Diese Standarderklärung ignoriert das Unbehagen der Menschen, die allein durch ihre Präsenz gezwungen werden, sich filmen lassen zu müssen. Dieser Verlust an Privatsphäre wirft einen Schatten dorthin, wo Trier und das Bistum nur Sonne sehen wollen - denn die Heilig-Rock-Wallfahrt soll ein Freudenfest werden, auf dem Hunderttausende friedlich zusammenkommen. Es wäre schön, wenn es so kommt, signalisieren die Kameras. Aber wir haben euch im Auge. Für alle Fälle. Sicherheitskameras garantieren eben keine Sicherheit, das zeigen viele Beispiele vom Bundesligafußball bis zu den Maikrawallen. Sie dienen der Abschreckung. Doch es ist falsch, Pilger und Besucher mit potenziellen Hooligans und Randalierern in eine Schublade zu stecken. j.pistorius@volksfreund.de

Pro: In Großbritannien völlig normal Von Hans-Peter Linz Was in Trier diskutiert wird, ist in Großbritannien schon lange Realität. Dort gibt es schon seit Jahren Überwachungskameras. Sogenannte Closed Circuit Television (CCTV)-Kameras filmen permanent im öffentlichen Raum. Closed Circuit heißt geschlossene Leitung. Die Aufnahmen werden nur an autorisierte Empfänger übertragen. So bleiben die Persönlichkeitsrechte gewahrt. Diese Kameras sind nicht nur an öffentlichen Plätzen installiert, sondern zum Beispiel auch in Pubs, in denen mit Schildern darauf hingewiesen wird. Daran stört sich niemand. Im Gegenteil, die Kameras geben den Besuchern ein Stück subjektive Sicherheit zurück. Frau und Mann können auch in London allein in eine Bar gehen, ohne zu befürchten, dass irgendein Strolch Böses hegt und in die Tat umsetzt. Trotzdem ist Großbritannien nicht zum Überwachungsstaat geworden. hp.linz@volksfreund.de

Extra

Datenschutz: Jeder Einzelne hat das Recht, im Rahmen der Gesetze über die Erhebung und Verarbeitung seiner Daten zu entscheiden. Das Gesetz spricht von personenbezogenen Daten: Namen, Adressen, Daten über den Gesundheitszustand oder persönliche Einstellungen. Diese Daten dürfen von Behörden und privaten Unternehmen nur erhoben und genutzt werden, wenn ein Gesetz es erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat. jp

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