Wer wird Triers neuer Bürgermeister?

Trier · Die verbliebenen sieben Bewerber um das Amt des Trierer Sozialdezernenten und Bürgermeisters haben sich am Samstag den Stadtratsfraktionen vorgestellt. Am heutigen Montag soll die Entscheidung fallen, wer bei der Wahl am Montag, 6. November, antreten darf.

 Sieben Kandidaten haben sich am Samstag den Trierer Stadtratsfraktionen vorgestellt. Wer das Rennen um den Posten des Beigeordneten für Soziales, Wohnen und Bildung macht, entscheidet sich am 6. November. TV-Foto: Christiane Wolff

Sieben Kandidaten haben sich am Samstag den Trierer Stadtratsfraktionen vorgestellt. Wer das Rennen um den Posten des Beigeordneten für Soziales, Wohnen und Bildung macht, entscheidet sich am 6. November. TV-Foto: Christiane Wolff

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Im Hof neben dem Rathaus fallen die braungelben Blätter von den Pappeln. Die Rosen, die die kleine Wiese einrahmen, strecken letzte Knospen dem regenverhangenen Himmel entgegen, als hofften sie, der Herbst werde noch mal sonnig und ließe sie blühen.

Daneben, im rosa-weiß gestrichenen Rathaus-Anbau, in dem die Stadtratsfraktionen ihre Büros haben, geht es an diesem Samstagnachmittag derweil um eine der wichtigsten Entscheidungen für die Entwicklung Triers in den kommenden acht Jahren: Vier Frauen und drei Männer, übrig geblieben aus insgesamt 22 Bewerbungen um das Trierer Bürgermeisteramt, versuchen die Fraktionen von sich zu überzeugen.

Ein strikter Zeitplan sorgt dafür, dass jeder Bewerber und jede Bewerberin sich jeder der sechs Fraktionen vorstellen kann. Die Stadträtin Daria Henseler (Piraten) hat sich für den Gesprächsmarathon der Linksfraktion angeschlossen. 45 Minuten sind für jedes Gespräch vorgesehen, dazwischen 15-minütige Pausen. Die Fraktionen haben Leitfäden vorbereitet, entlang derer sie sich durch die Gespräche hangeln. "Nur so können wir die Kandidaten vergleichbar machen", sagt Reiner Marz, Fraktionssprecher der Grünen. Motivation, Erfahrung, Fähigkeiten und nicht zuletzt auch die Persönlichkeit sollen abgeklopft werden. "Wir fragen zum Beispiel auch ganz allgemein, warum sich der- oder diejenige überhaupt beworben hat", berichtet Jürgen Backen (CDU). Und natürlich, ob die Bewerber ganz konkrete Ideen haben, wie sie Trier in Sachen Bildung, Soziales, Wohnungsbau und Integration in den nächsten Jahren nach vorne bringen wollen.

"Die Antworten sind sehr unterschiedlich - von rudimentär bis ziemlich innovativ und durchdacht", sagt Carola Siemon (SPD) in einer der kurzen Zigartettenpausen, die einige Stadträte sich zwischen den rund dreiviertelstündigen Bewerbergesprächen trotz Nieselregens draußen gönnen.

In der Mittagspause gibt's für alle, die möchten, Kartoffelsuppe und Würstchen im Rathauskeller, organisiert von der Stadtverwaltung.

Am Nachmittag hat jede Fraktion noch drei Bewerber vor sich. "Interessant und spannend", seien die Gespräche bislang gewesen, sagt Thorsten Kretzer von den Grünen. "Es gab auch Überraschungen - positive wie negative", berichtet Birgit Falk (CDU). Konkreter will niemand werden.

Eigentlich muss jeder, der sich etwa auf eine stellvertretende Amtsleitung bei der Stadtverwaltung bewirbt, ein sogenanntes Assessmentcenter - Fähigkeitsprüfungen für Fach- und Führungskräfte - durchstehen. Mit Fragerunden, Einzelgesprächen bei der Personalverwaltung und beim Oberbürgermeister und anspruchsvollen Wissens- und Persönlichkeitstests.

Wer Beigeordneter werden will - also Chef gleich etlicher Ämter und Ressorts - muss sich dagegen "nur" in einem etwa 45-minütigen Gespräch bei den Fraktionen beweisen. "Beigeordneter ist eben ein politisches Amt - auch der Oberbürgermeister, der ja direkt von den Bürgern gewählt wird, muss sich keinem Assesmentcenter stellen. Und die Bundeskanzlerin auch nicht", sagt Grünensprecher Marz.

Dazu komme, dass viele Stadträte aus ihrem Beruf Erfahrung mit Personalgesprächen und Einstellungen mitbrächten und die Bewerber durchaus beurteilen könnten.

Wolf Buchmann von den Grünen war zum Beispiel eineinhalb Jahre lang Personalreferent beim Landesamt für Steuern. Und Birgit Falk hat als Abteilungsleiterin bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Erfahrung mit der Auswahl und Einstellung von Bewerbern.

Die fachliche und persönliche Qualifikation sind bei der Besetzung von Dezernentenstellen aber ohnehin nicht alleine entscheidend. Die Wahl ist immer auch parteipolitisch motiviert. Wessen Partei im Stadtvorstand vertreten ist, rechnet sich mehr Chancen für die Durchsetzung eigener Projekte aus.

Im 56-köpfigen Trierer Stadtparlament hat das schwarz-grüne Bündnis zurzeit das Sagen - mit einer hauchdünnen Mehrheit von 29 Stimmen. Nachdem die CDU im Frühjahr den Kandidaten für die Leitung des Kulturdezernenten vorschlagen durfte und von den Grünen bei der Wahl von Thomas Schmitt unterstützt wurde, sind nun die Grünen dran.
"Wir werden uns am Montagabend in der Fraktionssitzung für unseren Favoriten entscheiden", erklärt denn auch Grünen-Fraktionsvize Rainer Marz. Direkt anschließend wollen die Grünen ihren Kandidatenvorschlag der CDU unterbreiten, die ebenfalls am Montagabend tagt. Läuft alles absprachegemäß, wird die CDU den Kandidaten der Grünen am 6. November unterstützen. Sofern alle grünen und schwarzen Stadtratsmitglieder anwesend sind und sich an die Bündnisabsprache halten, ist diesem Kandidaten die Mehrheit sicher - und damit die Dezernentenstelle für Soziales, Bildung, Wohnen, die mit dem Bürgermeisteramt verknüpft ist.

Erst nach 18 Uhr verlassen die letzten Stadträte die Besprechungsräume. Manfred Maximini (UBT) hält mit seiner Meinung nicht hinterm Berg: "Mir hat Jugendamtsleiter Carsten Lang mit Abstand am besten gefallen."

Bei der Wahl am 6. November wird der 80-jährige Maximini allerdings keine Stimme haben - seit 2014 gehört er der UBT-Fraktion bereits nicht mehr an.Extra: DREI FAVORITEN, ÜBERRASCHUNGEN MÖGLICH

 David Profit: "Das Gesprächsklima war in allen Fraktionen sehr freundlich, lediglich bei der AfD war der Ton mir gegenüber teilweise etwas scharf. Jede Fraktion hatte eigene Fragen, einige Themen kamen aber in allen Gesprächen vor. Es wurde sehr intensiv und genau nachgefragt - insgesamt war es ein interessanter Gang durch die Felder der Trierer Stadtpolitik." (Foto: privat)

David Profit: "Das Gesprächsklima war in allen Fraktionen sehr freundlich, lediglich bei der AfD war der Ton mir gegenüber teilweise etwas scharf. Jede Fraktion hatte eigene Fragen, einige Themen kamen aber in allen Gesprächen vor. Es wurde sehr intensiv und genau nachgefragt - insgesamt war es ein interessanter Gang durch die Felder der Trierer Stadtpolitik." (Foto: privat)

Foto: privat
 Regina Bergmann: "Es war ein toller Tag, ich habe tolle Menschen kennengelernt und viele sehr gute, intensive Gespräche geführt.Ich war schon sehr aufgeregt, aber jetzt ist es erst mal geschafft, und es heißt abwarten, für wen die Fraktionen sich letztlich entscheiden." (Foto: Fotostudio Braitsch, Trier)

Regina Bergmann: "Es war ein toller Tag, ich habe tolle Menschen kennengelernt und viele sehr gute, intensive Gespräche geführt.Ich war schon sehr aufgeregt, aber jetzt ist es erst mal geschafft, und es heißt abwarten, für wen die Fraktionen sich letztlich entscheiden." (Foto: Fotostudio Braitsch, Trier)

Foto: Fotostudio Braitsch, Trier
 Carsten Lang: "Ich danke den Fraktionen für die interessierten Fragen und die zugewandte Atmosphäre in den Gesprächen. Nun warte ich neugierig, welche Entscheidung für die Stadt Trier getroffen werden wird. Übrigens: Die Organisation des Tags und die Begleitung durch die Kolleginnen des Personalamts war wirklich toll!" (Foto: Linda Blatzek)

Carsten Lang: "Ich danke den Fraktionen für die interessierten Fragen und die zugewandte Atmosphäre in den Gesprächen. Nun warte ich neugierig, welche Entscheidung für die Stadt Trier getroffen werden wird. Übrigens: Die Organisation des Tags und die Begleitung durch die Kolleginnen des Personalamts war wirklich toll!" (Foto: Linda Blatzek)

Foto: Linda Blatzek
 Birgit Alt-Resch: "Ich habe mit allen Fraktionen wirklich sehr gute Gespräche geführt. Der Tag war lang, aber nicht so anstrengend, wie ich vorab gedacht hatte - was auch an der guten Atmosphäre lag. Jetzt freue ich mich erst mal darauf, nach Hause zu fahren. Und dann heißt es abwarten, wie die Entscheidung der Fraktionen ausfällt." (Foto: Marc Föhr)

Birgit Alt-Resch: "Ich habe mit allen Fraktionen wirklich sehr gute Gespräche geführt. Der Tag war lang, aber nicht so anstrengend, wie ich vorab gedacht hatte - was auch an der guten Atmosphäre lag. Jetzt freue ich mich erst mal darauf, nach Hause zu fahren. Und dann heißt es abwarten, wie die Entscheidung der Fraktionen ausfällt." (Foto: Marc Föhr)

Foto: Marc Föhr

Wer bei den Vorstellungsgesprächen gut abgeschnitten hat und wer nicht - darauf wollten die Fraktionen sich am Samstag nicht festlegen. Nach TV-Infos gehören aber Regina Bergmann (54, parteilos, Geschäftsführerin des Sozialdiensts katholischer Frauen SkF) und David Profit (41, Die Grünen, Sozialrichter in Mainz) zu den Favoriten der Grünen. Bei SPD und UBT hat offenbar Carsten Lang (42, parteilos, Leiter des Trierer Jugendamts) einen sehr guten Eindruck gemacht. Aber auch Birgit Resch-Alt (49, Bündnis90/Die Grünen, Leiterin Seniorenheim St. Irminen) könnte noch Chancen haben. Eine grüne Schulamtsleiterin aus Nordrhein-Wesfalen ist zwar bei der CDU gut angekommen, war aber von den Grünen selbst nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Der Name eines SPDlers aus dem Saarland fiel bei den Gesprächen über mögliche Favoriten am Samstag nicht. Siebte Bewerberin ist Amtsinhaberin Angelika Birk (62, Bündnis90/Die Grünen). Die Grünen hatten allerdings angekündigt, ihre Wiederwahl nicht zu unterstützen. Entscheidend dürfte sein, für wen die Grünen sich entscheiden. Denn im Frühjahr halfen die Grünen der CDU, deren Kandidaten Thomas Schmitt ins Amt des Kulturdezernenten zu heben. Nun dürfen die Grünen im Gegenzug auf die Unterstützung der CDU hoffen. So lautet die Absprache des schwarz-grünen Bündnisses, das 29 Stimmen im 56-köpfigen Trierer Stadtrat hat.

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