Wertevermittlung zwischen den Kulturen

Trier · Trier (red) Ist das soziale Klima in Deutschland kalt? Warum leben so viele Menschen in Altersheimen? Warum engagieren sich so wenige Zuwanderer ehrenamtlich? Oder haben die Einheimischen und die Zuwanderer nicht vielleicht unterschiedliche Wege, um die gleichen Werte zu leben? Diesen Fragen ist Dr. Mirjam Schneider (Trier) in ihrem Vortrag "Werte und Wertevermittlung im Gespräch mit Menschen aus dem arabisch-islamischen Raum" nachgegangen.

Eingeladen dazu hatten der Ehrenamtskoordinator der Caritas im Projekt "Flucht und Asyl", Thomas Zuche, und Pastoralreferent Horst Steffen vom Dekanat Konz-Saarburg. Beide bilden in Konz ein Tandem bei der Förderung ehrenamtlicher Flüchtlingsbegleiter/innen. Unterstützt wurde der Vortrag durch das Willkommensnetz des Bistums. 45 Frauen und Männer waren der Einladung ins Pfarrheim St. Nikolaus nach Konz gefolgt, darunter viele Flüchtlingshelfer und einige Muslime.
"Überall auf der Welt teilen Menschen die gleichen Grundwerte, etwa Liebe, Gerechtigkeit, Freundschaft und Zusammenhalt. Zwar zeigen sich Unterschiede zwischen den Kulturen, wenn es darum geht, diese Werte mit Leben zu füllen", erläuterte die Referentin zu Beginn ihres Vortrags. Doch: "Alle Kulturen meinen es erst einmal gut". Die Islamwissenschaftlerin und Trainerin für interkulturelle Kommunikation beschrieb, wie Menschen in der westlichen und arabisch-islamischen Kultur Werte unterschiedlich lebten.
Ein zentraler Wert in beiden Kulturen sei das gute und angemessene Verhältnis zwischen Männern und Frauen. Dieser werde jedoch sehr unterschiedlich ausgeprägt. Im Westen gelte die Gleichberechtigung der Geschlechter als großer, wenn auch längst nicht verwirklichter Wert. Im arabisch-islamischen Raum würden dagegen die Unterschiede von Frau und Mann betont, woraus sich unterschiedliche Rollen ergäben.
Schneider führte in diesem Zusammenhang den Begriff der "Ehre" ein, der für den arabisch-islamischen Raum besonders wichtig sei. Während in Deutschland bis ins 19. Jahrhundert hinein Duelle wegen verletzter Ehre ausgetragen worden seien, sei der Ehrbegriff im Orient immer noch zentral. In der anschließenden Diskussion wiesen einige Teilnehmende darauf hin, dass auch die deutsche Ehefrau erst seit 1962 ohne Zustimmung ihres Ehemanns ein Bankkonto eröffnen dürfe und Werte sich auch entwickeln würden. Bis zur Emanzipation von traditionellen Werten aus der Herkunftsgesellschaft bedürfe es großer Geduld. Integration sei ein Projekt von drei Generationen, so Schneider.

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